Mittwoch, 30. April 2025, 18:00 – 19:45 Uhr

Digitaler Workshop mit Dr. Anita Idel und Prof. Hartmut Graßl

Veranstaltung Kuh Koevolution Anita Idel

Ko-Evolution – über Millionen Jahre zwischen Grasländern und Weidetieren und seit 130.000 Jahren speziell zwischen Rindern (Auerochsen) und Menschen: Warum basieren so viele Gesellschaften auf einer Kuh-Kultur? Welche Rolle spielt der „Bauernhofeffekt“ – der Kontakt mit Kühen – für unsere menschliche Gesundheit? Und welche Rolle spielt die chemische Düngung für die Gesundheit der Böden durch z.B. Stickstoff?

Tierärztin, Autorin und Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft Kritische Tiermedizin, Dr. Anita Idel, gibt in diesem Workshop spannende Einblicke in die Ko-Evolution von Mensch, Tier und Mikrobiomen. Sie zeigt, wie nachhaltige Beweidung nicht nur das Klima schützt, sondern auch unsere Gesundheit positiv beeinflusst – und was das One-Health-Konzept damit zu tun hat.

Sie waren lange vor uns da, ohne sie gäbe es uns Menschen gar nicht und sie werden uns lange überleben: Ob Boden, Tier oder Pflanze, Mikroorganismen sind die Hauptakteure der Ko-Evolution. Wahrgenommen wurden sie zuerst als Krankheitserreger. Das prägt bis heute ihr Negativ-Image – verstärkt durch die Ausbildung in Landwirtschaft, Human- und Tiermedizin. Denn nicht die Erkenntnisse der Psycho-Neuro-Immunologie werden als prophylaktischer Regelfall des miteinander Lebens von Tieren und Menschen gelehrt, sondern vorrangig die Therapie: Der meist chemischen Bekämpfung von Krankheitserregern gilt weiterhin viel mehr Unterrichtszeit, als der Stärkung des Immunsystems zur Vermeidung bakterieller und viraler Erkrankungen.

Die meisten Mikroorganismen leben im Boden und weit über 90 Prozent davon kennen wir bisher gar nicht. Aber regelmäßig schadet ihnen Agrar-Chemie: Antibiotisch wirken nicht nur Antibiotika, sondern ebenfalls Antiparasitika, Herbizide, Fungizide, Insektizide, Pestizide, Desinfektionsmittel etc. Negative Einflüsse dominieren und forcieren Risiken. Biodiversitäts-, Klima- und Bodenkrise sprengen die planetaren Grenzen. Auch Dungkäfer stehen bereits auf der Roten Liste: Fehlt Beweidung, fehlen die Kuhfladen und damit der Lebensraum zahlreicher Insekten. Das unterbricht die Nahrungskette für viele andere Tiere. Auch bei der Düngung kommt es zu erheblicher Belastung für die Böden: der Stickstoff, der „matchmaker“ bei der Omnikrise, wird synthetisch-chemisch produziert und den Böden zugeführt.

Stattdessen gilt es, die Resilienz von Lebensräumen – Landschaften mit Böden, Gewässern und ihren pflanzlichen, tierischen (und menschlichen) Bewohner:innen – zu fördern. Warum sind Weidetiere ein Schlüsselelement – auch in der Klimakrise? Weltweit speichern die Grasland-Öko-Systeme mehr Kohlenstoff als die Wald-Öko-Systeme. Wie entstand Bodenfruchtbarkeit,  bevor  Menschen sich sesshaft machten und wie entwickelten sich die weltweit fruchtbarsten Ackerböden? Die Potentiale nachhaltiger Beweidung betreffen über die Bodenfruchtbarkeit und das Klima hinaus die biologische Vielfalt: Ob sichtbar in den Landschaften oder unsichtbar in den Mikrobiomen.

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Referenten

Anita Idel Portraetfoto geschossen von Katrin Denkewitz

© Katrin Denkewitz

Dr.in Anita Idel ist Tierärztin, Autorin und Lehrbeauftragte sowie Mediatorin in den Spannungsfeldern zwischen Landwirtschaft und Natur-/Tierschutz. Sie ist Mitbegründerin z. B. der Arbeitsgemeinschaft Kritische Tiermedizin (AGKT) und des Gen-ethischen Netzwerk (GeN), Leadautorin des Weltagrarberichts und engagiert sich u. a. in der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), Slow Food Deutschland (SFD) und der Deutschen Gesellschaft für Humanökologie (DGH). Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der Ko-Evolution von Weideland und Weidetieren, wozu sie international Recherchen durchführt und Vorträge hält. Die Autorin des Buches „Die Kuh ist kein Klima-Killer“ (10. Auflage 2024) erhielt den Schweisfurth-Forschungspreis (1993), den Salus-Medienpreis (2013), den Nachhaltigkeitspreis von Neumarkter Lammsbräu (2019), den Ehrenpreis der Heinz-Sielmann-Stiftung (2023) und den EuroNaturPreis (2024).

Hartmut Grassl Portrait

Prof. Dr. Graßl, geb. 1940, ist Diplomphysiker und promovierter Meteorologe. Nach wissenschaftlicher Tätigkeit an den Universitäten München, Mainz, dem Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, dem Institut für Meereskunde in Kiel und dem GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht wurde er 1988 gemeinsam an die Universität Hamburg und das MPI für Meteorologie berufen. Von 1994 bis 1999 war er Direktor des Weltklimaforschungsprogrammes bei der Weltorganisation für Meteorologie in Genf. Nach seiner Emeritierung 2005 ist er weiterhin am MPI für Meteorologie tätig. Gegenwärtig ist er Co-Vorsitzender des Beirates der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW).

Dr. Maria Reinisch studierte Betriebswirtschaft in München. Zu Beginn ihrer Karriere war sie 10 Jahre verantwortlich für Aufbau und Leitung des Marketings eines innovativen Startup-Unternehmens im IT-Umfeld. Ihre Promotion in Humanbiologie machte sie 2018 auf dem Gebiet der Gehirnforschung zum Thema Leadership im Kontext von Selbst- und Fremdperspektive. Sie setzt sich seit vielen Jahren für den innovativen Umbau des Energiesystems und damit verbunden für eine gelingende sozio-ökonomische Transformation ein.

Seit 2016 ist sie Geschäftsführerin der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) e.V. Davor war sie mehr als 15 Jahre als Top-Managerin in den Bereichen Marketing, Kommunikation und Business Development für Siemens und Siemens Deutschland im globalen und nationalen Kontext tätig.

In aktuellen Projekten arbeitet sie u. a. zusammen mit Kommunen und Universitäten an für die Energiewende kritischen Fragestellungen im Rahmen der Sektorkopplung und im Kontext einer individualisierte Visualisierung von Energiewendemaßnahmen.

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