Dienstag, der 10. November 2020 um 18:00 Uhr | Digitaler Workshop mit Prof. Maria Finckh und Prof. Hartmut Graßl

Die digitale Veranstaltungsreihe „Jung und Alt bewegt: Klima, Umwelt, Gesellschaft – Impulse aus der Wissenschaft in Zeiten von Corona“ anlässlich des 80. Geburtstags des weltweit anerkannten Klimaforschers Prof. Hartmut Graßl geht weiter. Am 10. November lud die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) zum vierten Online-Workshop mit Prof. Maria Finckh ein. Dieser war zugleich Teil der Ringvorlesung zu „Dimensionen der Nachhaltigkeit“ der Universität Passau, die mit vielen Studierenden und weiteren InteressentInnen am Workshop teilnahm.

Wie muss ökologische Landwirtschaft in Zukunft aussehen? Kann sie die Versorgung stemmen? Was sind die Konsequenzen? Wie kann die Landwirtschaft Gutes bewirken und ökonomisch überleben? Und hat Corona einen Einfluss auf diese Entwicklung? Ist die ökologische Landwirtschaft, so wie sie heute praktiziert wird, gut genug für die Zukunft?

Mit diesen Fragen haben wir uns am 10. November gemeinsam mit Prof. Dr. Maria Finckh, Fachgebietsleiterin Ökologischer Pflanzenschutz an der Universität Kassel, beschäftigt. Sie ist Mitglied der Uni Kassel Gruppe Scientists for Future und befasst sich mit Ökologischer Landwirtschaft von der Betrachtung der Ökosysteme, über die Umsetzbarkeit durch LandwirtInnen bis zu nötigen politischen Strukturen für diesen Wandel.

Video-Mitschnitt der Veranstaltung

Rückblick zur Veranstaltung

Im ersten Teil ihres Impulsvortrags sprach Maria Finckh über landwirtschaftliche Systeme und ihre Einbindung in ökologische Prozesse, über die Rolle der Biodiversität und deren Ebenen sowie die Rolle von Pflanzen und Mikroorganismen. Dabei adressierte auch die Problematiken und Kosten von Pestiziden, Stickstoff und Treibhausgasen. Wichtiges Takeaways des ersten Teils: Gesunder Boden muss luftig wie ein gutes Hefe- oder Sauerteigbrot sein. Die Impulse von Maria Finckh aus dem ersten Teil griffen wir in sogenannten Breakout-Rooms auf und diskutierten in kleinen Gruppen die Auswirkungen einer Landwirtschaft, die massiv den Humusgehalt (C-Gehalt) im Boden erhöht. Dabei stellten wir auch die Frage: Sollten Landwirte für Kohlenstoffspeicherung im Boden (Humusaufbau) bezahlt werden? Das Ergebnis: Noch waren 66% der TeilnehmerInnen überzeugt, dass dies auf jeden Fall geschehen müsse; nur 4 Personen (7%) waren dagegen (die restlichen 27% waren sich unsicher). Vorweg: Am Ende des Workshops waren nur noch 24% dafür und 38% hingegen dagegen. Überzeugt hatte sie Maria Finckh, die verdeutlichte, dass Landwirte durch den resultierenden erhöhten Ertrag automatisch für Humusaufbau bezahlt würden.

„Wir können es uns nicht leisten, dass das [eine Umstellung zu ökologischer Landwirtschaft] genauso lang dauert, wie beim Klimawandel.“ – Prof. Hartmut Graßl

Dr. Maria Reinisch moderierte durch die Veranstaltung.

Im zweiten Teil sprach Prof. Finckh über agrarökologische Ansätze für eine Landwirtschaft der Zukunft. Hier ging sie insbesondere auf Ansätze zur Regeneration von Böden und die Züchtung für Vielfalt als Anpassungsstrategie an den Klimawandel ein. Auch erklärte sie, was aus ihrer Sicht die größten Hemmer agrarökologischen Umbaus seien: die Kosten für fossile Inputs spiegeln nicht die wahren Kosten wieder, Gesetze schreiben Einheitlichkeit von Pflanzen vor und eine In-Wert Setzung von Böden und Zahlungen, die an Bodenqualität gekoppelt sind, fehlen. Was sind Sustainable Farming Systems of the Future? Und wie kann der agrarökologische Umbau gefördert werden? Diese Fragen diskutierten wir anschließend in großer Runde. Einig waren wir uns, dass die externen Kosten der Landwirtschaft internalisiert werden und Subventionen an die Nutzung nachhaltiger Methoden und nicht an Flächengröße gekoppelt sein müssten. Große Bedeutung für eine zukunftsfähige Landwirtschaft haben auch Mischkulturen; insbesondere eine bio-vegane Misch-/Permakultur wäre regenerativ, agrarökologisch und tiergerecht, betonen TeilnehmerInnen. Letztendlich bedeute eine Agrarwende auch eine Ernährungswende. Am Ende war man sich einig: Für Veränderungen in der Landwirtschaft braucht es viel Wissen.

Insgesamt war es wieder ein sehr inspirierender und kurzweiliger Workshop der „Jung und Alt bewegt“-Reihe, wie uns auch das Feedback, das uns erreicht hat, zeigte. Unsere TeilnehmerInnen diskutierten angeregt und saugten die Informationen von Maria Finckh genauso auf, wie ein gesunder Boden Wasser – wie wir in dem Workshop lernten. Trotz der durch Anschluss der Universität Passau an die Veranstaltung großen Teilnehmerzahl waren angeregte Diskussionen und ein gemeinsamer intensiver Gedankenaustausch möglich.

Zuletzt erkannte man an den Abschlussbotschaften unserer TeilnehmerInnen: Viel wird aus dem Workshop mitgenommen – neues Wissen über ökologische Landwirtschaft, gesunde Böden, Pflanzen und Mikroorganismen, aber vor allem auch Inspiration und Hoffnung auf einen positiven Wandel in der Landwirtschaft.

Referierende

Prof. Maria Finckh hat drei Jahre Biologie in Freiburg studiert und dann in den USA an der Oregon State University in Botanik und Phytopathologie promoviert zum Thema: „Einfluss der genetischen Vielfalt auf Gelbrost im Weizen“. Sie verbrachte dann 2,5 Jahre in den Philippinen, 4 Jahre in der Schweiz und 1 Jahr in Dänemark als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Assistenzprofessorin bevor sie nach 13 Jahren im Ausland 1999 nach Deutschland an die Universität Kassel als Professorin für Pflanzenschutz in der Ökologischen Landwirtschaft wechselte.

Ihre Hauptthemen sind die Nutzung der Biodiversität für den Pflanzenschutz, Züchtung für Vielfalt und die Entwicklung agrarökologisch ausgerichteter landwirtschaftlicher Produktionssysteme, die zur Bodenfruchtbarkeit und Bodenaufbau beitragen.

Hartmut Grassl beim VDW Auftakt zu Jung und Alt bewegt

Prof. Hartmut Graßl ist em. Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie und ehem. Professor der Universität Hamburg. Neben seiner Funktion als Vorsitzender der VDW hat er zahlreiche weitere Positionen in verschiedenen Gremien inne, u. a. als Vorsitzender der Mitgliederversammlung des PIK und Mitglied des NABU-Kuratoriums. Zuvor war Hartmut Graßl bereits u. a. Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats „Globale Umweltveränderungen“ (WBGU), Mitglied von Enquête-Kommissionen zum Schutz der Erdatmosphäre des Deutschen Bundestages, Direktor des Weltklimaforschungsprogramms (WCRP) in Genf und Vorsitzender des Bayerischen Klimarates. Für seine Verdienste erhielt er zahlreiche Auszeichnungen wie etwa den Max-Planck-Forschungspreis, den Deutschen Umweltpreis der DBU und das Große Bundesverdienstkreuz am Bande der BRD.

Die „Jung und Alt bewegt“-Reihe

Der Workshop ist Teil einer Reihe, die unter dem Motto „Jung und Alt bewegt: Klima, Umwelt, Gesellschaft – Impulse aus der Wissenschaft in Zeiten von Corona“ führende WissenschaftlerInnen aus unterschiedlichen Disziplinen einlädt, ihr Wissen zu teilen und gemeinsam mit dem weltweit bekannten Klimaforscher Prof. Hartmut Graßl und engagierten NachwuchswissenschaftlerInnen ins Gespräch zu kommen.

Wenn Sie mehr zur Auftaktveranstaltung wissen wollen, bei der Klima, Umwelt und Gesellschaft im Zeichen von Corona bereits von Experten eingeschätzt wurden und die bewiesen hat, wie informativ und familiär ein Austausch auch virtuell möglich ist, dann können Sie hier nachschauen.

In diesem Sinne freuen wir uns, Ihnen vertiefende Workshops und die aktiven Diskussionen in kleinen, intergenerationellen Gruppen mit ExpertInnen bieten zu können, die Antworten liefern und eine positive Transformation in unterschiedlichen Nachhaltigkeitsthemen anstoßen.

Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, melden Sie sich bitte zeitnah per Mail an event@vdw-ev.de zu den jeweiligen Workshops an. Kurz vor der Veranstaltung erhalten Sie dann die Zugangsdaten.

Die aktuellen Termine sowie weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe finden Sie auch hier.

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Die „Jung und Alt bewegt“-Reihe wird unterstützt von

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