*Der Beitrag spiegelt die persönliche Meinung des Autors wider und entspricht nicht zwangsweise der Meinung der VDW.
Am 28. Februar 2025 kam es im Oval Office des Weißen Hauses in Washington D.C. zu einem diplomatischen Vorfall, der die wachsenden außenpolitischen Spannungen unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump verdeutlicht: Vor laufenden Kameras gerieten der US-Präsident und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einen offenen Streit. Trump, unterstützt von Vizepräsident J.D. Vance, warf Selenskyj mangelnde Dankbarkeit für die US-Militärhilfe vor und drohte, diese einzustellen, sollte der ukrainische Präsident nicht einem Deal mit Russland zustimmen (er hat sie inzwischen eingestellt). Das Gespräch wurde abrupt abgebrochen – eine öffentliche Demütigung eines Staatschefs.
Dieser Vorfall spiegelt die rücksichtlose Haltung wider, die die US-Regierung seit Trumps Amtsantritt am 20. Januar 2025 prägt. In weniger als zwei Monaten hat sich die politische Landschaft der USA radikal verändert. Die Politik unter Trump zeigt besorgniserregende Entwicklungen sowohl in der Innen- als auch der Außenpolitik. Zu den gravierendsten Maßnahmen und Absichtsbekundungen zählen beispielsweise:
- Der Austritt aus dem Paris-Abkommen zum Klimaschutz
- Der Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
- Die Begnadigung von allen der rund 1.500 verurteilten Trump-Anhänger, die am Sturm auf das US-Kapitol beteiligt waren
- Die Abschaffung des Rechts auf die US-Staatsangehörigkeit bei Geburt in den USA (Ein Bundesrichter bestätigte die Staatsbürgerschaft durch Geburt in den USA.)
- Der Austritt aus dem globalen Mindeststeuerabkommen
- Die Erklärung eines nationalen Energienotstands zur Erhöhung der Förderung fossiler Brennstoffe
- Die Aufhebung von Sanktionen gegen extremistische israelische Siedler im Westjordanland
- Die Zerschlagung des Entwicklungsprogramms USAID und Kürzung von Hilfsgeldern für afrikanische Länder
- Fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sollen künftig von jedem NATO-Staat für seine Verteidigung aufgebracht werden
- Einführung hoher Zölle für Importe aus Mexiko, Kanada und China, und Androhung erhöhter Zölle für Importe aus der EU
Diese Maßnahmen untergraben nicht nur demokratische Prinzipien, sondern zeigen auch autokratische Tendenzen. Für einige der Dekrete gilt jedoch, dass nur das gesamte Parlament (also Repräsentantenhaus und Senat) sie beschließen kann. Trump handelt demnach illegal.
Besonders besorgniserregend ist Trumps aggressive Außenpolitik, die imperialistische Züge trägt. Er droht, Gebiete wie Panama, Grönland und Kanada zu annektieren. Auch will er den Gazastreifen unter US-Kontrolle bringen und dessen Bevölkerung in arabische Staaten wie Jordanien und Ägypten umsiedeln. Diese völkerrechtlich verbotene Aktion wird von der zum Teil rechtsextremen israelischen Regierung unter Benjamin Netanjahu unterstützt. Die Vereinten Nationen warnen vor diesen illegalen »ethnischen Säuberungen«.
Auch die Verquickung von Wirtschaft und Macht gibt Anlass zur Sorge. Die enge Verbindung zwischen Trump und Elon Musk, dem reichsten Mann der Welt, der rechtsextreme politische Agenden unterstützt, verdeutlicht die potenzielle Entstehung eines gefährlichen Machtzirkels. Musk sorgte mit einer Geste bei Trumps Amtseinführung für Schlagzeilen, die an faschistische Symbole erinnerten.
Die Trump-Administration führt einen Kampf gegen die Wissenschaften. »Noch nie gab es mehr Dekrete und Drohungen gegen die Wissenschaft als in den ersten Wochen von Trumps zweiter Amtszeit«, so Jennifer Jones von der Union of Concerned Scientists.[i] Bereits am Tag seiner Amtseinführung erließ Trump per Verordnung ein Verbot für alle DEI-Programme (Diversity, Equity, Inclusion). Doch es blieb nicht bei dieser Maßnahme: Eine Liste von verbotenen Begriffen wie »Diversity«, »Transgender« oder »Covid« wird nun dazu verwendet, selbst genehmigte Forschungsprojekte zu überprüfen. Die Verwendung dieser Wörter kann den Verlust von Fördergeldern oder ein Arbeitsverbot nach sich ziehen. Neben Budgetkürzungen werden auch Stellen in wichtigen Forschungseinrichtungen gestrichen. Einige Beispiele: In der Umweltschutzbehörde sollen 65 Prozent der Mitarbeiter ihre Stellen verlieren, während bei der US-Wissenschaftsstiftung NSF 50 Prozent der Arbeitsplätze wegfallen sollen. Laut BBC droht bei der Klimaschutzbehörde NOAA mehr als 880 Mitarbeitern die Entlassung. Auch beim National Institutes of Health (NIH), einem der größten medizinischen Forschungsinstitute der USA, verlieren rund 1165 Forscher ihre Jobs. Die Kündigungen erfolgen teilweise fristlos und trotz als »exzellent« bewerteter Leistungen aufgrund angeblich unzureichender Performance.[ii],[iii]
Ein weiterer besorgniserregender Aspekt dieser Regierung ist der Angriff auf unabhängige Medien. Trump hat den Zugang der Journalisten zu wichtigen Regierungsinformationen massiv eingeschränkt, während gleichzeitig rechte, Verschwörungstheorien verbreitende Plattformen bevorzugt werden. Hunderte Webseiten der Regierung wurden offline genommen und zahlreiche Informationen gelöscht, insbesondere zu den Themen Gesundheit, Klimaänderung und soziale Gerechtigkeit. Julia Kastein, die ARD-Korrespondentin in Washington, berichtete über einen »Frontalangriff auf unabhängige Medien« durch die Trump-Administration.[iv]
Auch rhetorisch setzt die Regierung immer wieder auf Eskalation: So nutzte Vizepräsident J.D. Vance die Münchener Sicherheitskonferenz am 14. Februar 2025, um Europa mangelndes Demokratieverständnis vorzuwerfen und mit grotesken Argumenten schwere Vorwürfe zu erheben.[v]
Trumps Politik ist ein bedrohlicher Rückschritt für die USA und für die gesamte internationale Ordnung. Sie gefährdet nicht nur den globalen Klimaschutz und den Erhalt der weltweiten Biodiversität, sondern verstärkt auch die sozialen Ungleichheiten im eigenen Land. Der Rückzug der USA aus internationalen Abkommen und die Schwächung demokratischer Institutionen erschüttern die demokratischen Länder der Welt.
In George Orwells Roman 1984 herrscht ein totalitärer Staat, der seine Bürger durch Überwachung und Manipulation der Wahrheit kontrolliert. Treffen die Warnungen aus Orwells 1984 schon teilweise auf die USA unter Trump zu? Bewegt sich das Land in Richtung einer autokratischen Zukunft, die der russischen näher ist als der demokratischen Tradition der westlichen Welt? Oder gibt es noch Hoffnung, dass sich die USA von diesem Kurs abwenden und ihre demokratischen Werte wieder ernst nehmen?
Anmerkungen:
[i] Deutschlandfunk (2025). Wie kann sich die Wissenschaft in den USA wehren? Abgerufen am 04.03.2025 von
https://www.deutschlandfunk.de/wissenschaft-forschung-usa-trump-zensur-stellenabbau-verbote-100.html#Kampf-Wissenschaft.
[ii] Ebd.
[iii] Siehe dazu auch: Table Briefings. Kontrolle aller NSF-Projekte: US-Forschende sehen Wissenschaftsfreiheit in akuter Gefahr. Abgerufen am 05.03.2025, von https://table.media/research/news/kontrolle-aller-nsf-projekte-us-forschende-sehen-wissenschaftsfreiheit-in-akuter-gefahr/.
[iv] ARD (2025) Frontalangriff auf unabhängige Medien. Abgerufen am 05.03.2025, von https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/trump-medien-118.html.
[v] ARD (2025). Eine beispiellose Abrechnung mit Europa. Abgerufen am 05.03.2025, von https://www.tagesschau.de/ausland/europa/vance-sicherheitskonferenz-104.html.