Dienstag, 17. Mai 14:30-19.00 Uhr per Zoom
Am 17. Mai 2022 ging es wieder um die Frage „Was heißt wissen?“. Im angeregten Austausch sprachen wir mit Prof. Ernst Pöppel, Prof. Gunter Henn, Dr. Angelika Hilbeck, Prof. Gerd Gigerenzer, Prof. Alexandra Retkowski und Prof. Philipp Bouteiller über Entscheidungen: Wie laufen Entscheidungen in unserem Hirn ab, wie bewerten wir sie und welche sind von besonderer Relevanz für die Gesellschaft und unser individuelles Leben.
Wie immer starteten wir bei uns und unserem Gehirn: Hirnforscher Prof. Ernst Pöppel führte uns wieder einmal in die Geheimnisse unseres Denkens ein. Pöppel führte aus, wie Zufälle und Entscheidungen zusammenhängen und wie wir verantwortlich entscheiden können. Anhand konkreter Beispiele aus der Hirnforschung veranschaulichte er, dass uns in der Forschung manchmal Entscheidungen durch Zufälle abgenommen werden.
Der Stararchitekt Prof. Gunter Henn brachte diese Einblicke in die Praxis der Architektur. Kommunikation sieht er darin als zentralen Dreh- und Angelpunkt. Architektur dient, laut Henn, als Medium für das Zusammenleben der Gesellschaft und wird durch neue, digitale Formen der Kommunikation maßgeblich geprägt. Entscheidungen spielen in und für die Architektur eine besondere Rolle. So beendete Henn seinen Vortrag mit einer seiner Schlüsselerkenntniss: „Architektur macht in ihrem innersten Kern nichts anderes, als Entscheidungen zu treffen – um so Entscheidungen zu ermöglichen“.
Direkt aus Tansania zugeschaltet sprach Dr. Angelika Hilbeck zur Lage und Zukunft der Landwirtschaft. Sie zeigte Pfadabhängigkeiten in der Landwirtschaft auf, erläuterte, was Agrofoodsysteme sind und machte strukturelle Schwächen aktueller Lebensmittelsysteme deutlich. Anhand innovativer Projekte zeigte Hilbeck Alternativen auf und wie landwirtschaftlichen Flächen neu und nachhaltig genutzt werden können.
Nach einer kurzen Pause ging es weiter mit einem Interview mit dem renommierten Entscheidungs- und Risikoforscher Prof. Gerd Gigerenzer. Im Gespräch mit der Geschäftsführerin der VDW Dr. Maria Reinisch tauschten sich die beiden über Entscheidungen im realen sowie digitalen Raum aus. Gigerenzer plädierte dafür bei schweren Entscheidungen, nicht alle Faktoren in eine Pro- und Contra-Liste aufzulisten, sondern sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und auch der eigenen Intuition zu vertrauen.
Die letzten beiden Beiträge setzten sich mit zwei vermeintlich gegensätzlichen Räumen auseinander. Die Soziologin und Sozialpädagogin Prof. Alexandra Retkowski erläuterte, Möglichkeiten ländliche Gebiete neu und attraktiver zu gestalten. Soziale Projekte stellen dabei, laut Retkowski, ein zentrales Element dar, um junge Menschen auf dem Land zu halten bzw. neue Personen anzuziehen. Diese Möglichkeiten veranschaulichte sie beispielhaft anhand ihres Projekts der sozialen Landwirtschaft.
Der Sozialwissenschaftler und Projektmanager Prof. Philipp Bouteiller beschäftigt sich hingegen mit der Neugestaltung von Städten, welche er als elementar für eine klimaneutrale Zukunft sieht. Das Tegel Projekt, an welchem Bouteiller federführend mitwirkte, setzt genau dort an. Der ehemalige Flughafen Berlin Tegel soll durch eine klimafreundliche Bauweise, Mobilität und Energie in ein nachhaltiges Stadt- und Wohngebiet verwandelt werden. Innovative Möglichkeiten wie ein Schwammsystem zur Verhinderung von Hochwasser und Erhaltung der Artenvielfalt unterstützen die Menschen gemeinsam mit der Natur zu leben – bei Beibehaltung unserer aktuellen Lebensstandards.
Eine rege Diskussion entspann sich bei allen Themen mit den Referierenden und den vielen Teilnehmenden bunt gemischt über alle Altersgruppen. Die von vielen schon sehnlichst erwarteten „Hirn-Pausen“ mit ganz unterschiedlichen Ratespielen haben gehirngerecht unsere grauen Zellen aktiviert und Platz gemacht für neues Lernen.