Die deutsche Pugwash-Gruppe hat sich zu einer Jahrestagung unter der Schirmherrschaft der VDW am Freitag, den 22. März und Samstag, den 23. März 2024 im Berliner Büro des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik IFSH getroffen, das dankenswerterweise die Räumlichkeiten zu Verfügung gestellt hatte. Zweck war, die zentralen Herausforderungen für Rüstungskontrolle, die europäische Sicherheit und neuere Entwicklungen bei Pugwash International durch Vorträge und Diskussionen näher zu beleuchten und weitere Aktivitäten zu diskutieren.

Der der deutsche Pugwash-Beauftragte der VDW, Prof. Dr. Götz Neuneck, begrüßte die angereisten Mitglieder der Deutschen Pugwash-Gruppe sowie externe Gäste, aus London der Vorsitzende der niederländischen Pugwash-Gruppe Botschafter a.D. Jan Hoekema und Botschafter a.D. Peter Collecott, ein Mitglied der britischen Pugwash-Gruppe. Anja Dahlmann, die Leiterin des IFSH-Büros begrüßte als örtliche Gastgeberin die Gruppe und trug wichtige Gedanken zum Thema „Lethal Autonomous Weapon Systems and Artificial Intelligence“ bei. Es wurde klar, dass der Ukraine-Krieg ein Katalysator für weitere Entwicklungen auf diesem Gebiet ist. Prof. Steve Fetter, University of Maryland/USA gab einen Einblick in seine Überlegungen zum Thema „trilaterale Abschreckung“ und strategische Rüstungskontrolle. Die bilaterale Rüstungskontrolle könnte ans Ende kommen, und China als dritter, gewichtiger Akteur gleichrangig auftauchen. Nach Meldungen aus den USA, Russland arbeite an einer nuklearen weltraumgestützten Anti-Satellitenwaffe, ist das Thema “Nuclear Weapons in Space” plötzlich wieder auf der Tagesordnung. Götz Neuneck zeigte, dass die dauerhafte Stationierung nicht nur ein Verstoß gegen gültige Rüstungskontrollverträge (LTBT 1963, Weltraumvertrag 1967) wäre, sondern auch technisch für ASAT-Zwecke keinen Sinn mache, was bereits die historischen nuklearen Weltraumtests gezeigt hätten. Dr. Tobias Fella vom IFSH sprach zum Thema: “The Current Discussion about a European Deterrent” und identifizierte drei potenzielle Szenarien für eine verstärkte europäische Abschreckung: eine europäische Bombe, eine Ko-Finanzierung der französischen Atomstreitmacht und eine eigene, deutsche Nuklearoption würden verstärkt diskutiert. Botschafter a.D. Rüdiger Lüdeking widmete sich in seinen Ausführungen dem aktuellen „Stress on the European Security Architecture“. Nach einer Analyse der mögliche Optionen und Gefahren für das europäische Sicherheitssystem sprach sich Lüdeking für die konsequente Anwendung der Harmel-Philosophie aus.

Peter Collecott erläuterte “The UK View on European Security”. Er unterstrich, dass sich Großbritannien weiterhin verstärkt und kohärent für die Europäische Sicherheit und die Ukraine einsetzt. Die nuklearen Garantien der NATO und Frankreichs seien für die Abschreckung ausreichend und einsatzfähige konventionelle Verteidigung könnte die nuklearen Dilemmata auflösen. Der Globale Süden würde dem Westen aber nicht automatisch folgen. Ex-Botschafter Jan Hoekema sprach zum Thema  “State and Prospects of the TPNW”. Er bezeichnete den Atomverbotsvertrag („Bottom-up Treaty“) angesichts der blockierten nuklearen Abrüstung als einen “Cry for Help” von Staaten wie Neuseeland, Österreich oder Irland. Es bestehe die Möglichkeit, den Art. VI NPT zu harmonisieren, aber die P5 hätten darauf bisher nicht reagiert. Abschließend beschrieb Jürgen Scheffran die Sicherheitsrisiken, die mit dem Klimawandel verbunden sind. Diese Probleme benötigten höchste Aufmerksamkeit und direkte Handlungen der Staatenwelt und nicht einen erneuten Rüstungswettlauf.

Insgesamt nahmen 17 Mitglieder an dem zweitägigen Treffen teil, das in englischer Sprache abgehalten wurde.

Götz Neuneck, Pugwash-Beauftragter Sektion Deutschland