Der digitale Workshop vom 16. April 2024 behandelte die sozio-ökologische Transformation und aus diesem Kontext entstehende Zukunftsbilder von Werner Mittelstaedt. Herr Mittelstaedt schaffte auf Grundlage seines Buches „Transformation und Ambivalenz: Steht die Welt vor dem Kollaps? – Kurskorrektur oder Klimakatastrophe“ einen Umriss sozio-ökologischer Problematiken und stellte 16 der 95 in seinem Buch herausgearbeiteten Zukunftsszenarien bzw. Stellschrauben vor, die essenziell für eine Kurskorrektur und unsere Zukunft sind. Darauf folgte eine rege Diskussion, bei der es zum einen um naturwissenschaftliche Grundlagen des Klimawandels und zum anderen um gesellschaftliche und ganz private Motivationen für Veränderung ging.
Zu Beginn der Veranstaltung legte Herr Mittelstaedt mit einer Definition von Transformation und Ambivalenz eine Grundlage und erörterte die Begrifflichkeiten im Kontext der sozio-ökologischen Transformation. Dabei stellte er heraus, dass das klimapolitische Handeln höchst ambivalent ist. Während Abkommen und jährliche Klimakonferenzen fast weltweit Ziele und Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels festlegen, wird die Umsetzung dieser immer wieder verschoben und anderen Krisen oder Problematiken untergeordnet. Ambivalenzen herrschen jedoch nicht nur in der politischen Sphäre vor, sondern zeichnen sich genauso in der Bevölkerung und insbesondere in der Wirtschaft ab. Die Macht und der Einfluss großer multinationaler Konzerne, vor allem von Industrien mit Geschäftsmodellen, die auf der Förderung und dem Vertrieb fossiler Energieträger basieren, beeinträchtigen klimapolitisches Handeln. Des Weiteren wies Herr Mittelstaedt darauf hin, dass die Wirtschaft überwiegend auf nicht-nachhaltiger Produktion und Konsummustern aufgebaut wurde. Die entsprechenden Entscheidungsträger:innen sind allerdings nicht dazu bereit, diese den Kriterien der Nachhaltigkeit anzupassen. Die Ursache fehlenden nachhaltigen Handelns in der Bevölkerung liegt dabei auch in den hierarchischen Strukturen von Besitz- und Machtverhältnissen. Zuletzt stellt Werner Mittelstaedt 16 Zukunftsbilder einer sozio-ökologischen Transformation vor, in denen sich gegenwärtige und zukünftige Entwicklungen im Sinne einer nachhaltigeren Welt gegenüberstehen. Hier wurden unter anderem genannt:
- qualitatives organisches Wachstum im Gegensatz zum aktuellen quantitativen Wachstumsideal
- eine ausgeprägte Verschwendung im Gegensatz zu einem Verständnis der Selbstverständlichkeit Verschwendung zu vermeiden
- Konkurrenzdenken im Gegensatz zur Wahrnehmung von Eigeninteressen im Einklang mit den Gesamtinteressen
In einem anschließenden Kommentar von Prof. Dr. Hartmut Graßl geht dieser auf den aktuellen Diskurs über den Klimawandel ein. Herr Graßl betont, dass Klimaänderungen langfristig und damit wissenschaftlich solide gedacht werden sollten, da klimatische Veränderungen in einem langen Prozess stattfinden. Des Weiteren appelliert er an jeden, ein nachhaltiges, klimabewusstes Verhalten zu etablieren, um die Erde zu schützen.
Die Diskussion zum Ende der Veranstaltung wurde von vielen Teilnehmer:innen und ihren interessanten Fragen und Gedanken bereichert. Es ging zum einen um die Frage, warum die Notwendigkeit einer sozio-ökologischen Transformation der Mehrheit der Bevölkerung nicht bewusst ist. Als Antwort darauf nannte Herr Mittelstaedt sowohl den schlichtweg fehlenden Willen der Mehrheit, nachhaltigere Lebensweisen zu fordern und selbst umzusetzen. Außerdem sprach Herr Mittelstaedt von einem geringen Willen innerhalb des deutschen Parteiensystems, klimabewusste, nachhaltige Politik zu fördern. Zudem wurde auch die Rolle zivilen Ungehorsams diskutiert. Hierbei stellte Herr Mittelstaedt die große Bedeutung zivilen Ungehorsams heraus, um klimabewusstes Handeln in der Politik sowie in der Bevölkerung anzuregen. Abschließend wurde um eine Einschätzung des kürzlich beschlossenen Klimaschutzpaketes gebeten. Dabei erklärte Herr Mittelstaedt, wie wichtig ein kostengünstiger und ausgebauter ÖPNV sowie das Tempolimit ist. Ebenso evaluierte Herr Graßl in der Diskussion, was Deutschland im Bereich Klimaschutz in den vergangenen Jahrzehnten schon erreicht hat, und ordnet dies in die Debatte um Klimapolitik ein.