VDW-Jahrestagung | 13. und 14. November 2025 | Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung

Zu diesem hochaktuellen Thema fand am 13. und 14. November die VDW-Jahrestagung 2025 in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie mit freundlicher Unterstützung der genua GmbH und der Deutschen Stiftung Friedensforschung statt.

Donnerstag, 13. November

In der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin kamen zahlreiche Fachleute aus den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) und Sicherheit sowie Interessierte aus Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft zusammen, um den aktuellen Stand zu diskutieren und einen Blick in die Zukunft zu werfen.

Nach der Begrüßung von Dr. Christina Krause (Leiterin Internationale Politik und Sicherheit, KAS) führte Prof. Dr. Götz Neuneck (Vorsitzender der VDW) in die Thematik ein. Er hob besonders die Verantwortung der Wissenschaft hervor, die die Arbeit der VDW seit ihrer Gründung prägt und auch im Bereich der KI-Forschung für Sicherheit und Frieden von großer Bedeutung ist. Er dankte insbesondere den VDW-Studiengruppen, die sich an der Konzipierung und Durchführung der Tagung beteiligt hatten, sowie den Sponsoren genua GmbH und der Deutschen Stiftung Friedensforschung sowie insbesondere der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Panel 1: Kognitive Kriegsführung, Cybersicherheit und Resilienz

Anschließend folgte der erste große Programmpunkt: Unter dem Thema „Kognitive Kriegsführung, Cybersicherheit und Resilienz“ gab es drei fachliche Impulsvorträge, gefolgt von einer Podiumsdiskussion, die vom Geschäftsführer der genua GmbH Matthias Ochs moderiert wurde.

Den Auftakt machte Prof. Dr. Gabi Dreo Rodosek (Forschungsinstitut CODE, Universität der Bundeswehr München), die über den militärischen Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Fragen der Cybersicherheit sprach. Aus ihrer Sicht ist der Einsatz von KI in diesen Bereichen unverzichtbar. Die Nutzung von KI durch feindlich eingestellte Akteure hat die Verwundbarkeit vieler Systeme deutlich gesteigert, was sich etwa bei Deep Fakes, Desinformation und Datendiebstahl zeigt. Um dem entgegenzuwirken ist für sie Resilienz der Schlüsselbegriff: das Bereitstellen umfassender defensiver Gegenmaßnahmen gegen Angriffe im digitalen Raum. Auch muss Europa hier mehr digitale Autonomie und Souveränität zeigen.

v.l.n.r. Natascha Zowislo-Grünewald, Hannes Federrath, Gabi Dreo Rodosek, Matthias Ochs

Hieran anschließend sprach Prof. Dr. Hannes Federrath (Lehrstuhl für IT-Sicherheit, Universität Hamburg) über die Bedeutung von KI für den Schutz kritischer Infrastrukturen. Zum einen hob er die Chancen von KI hervor, etwa bei der Früherkennung von Naturereignissen oder Cyberangriffen, gleichzeitig wies Federrath aber auch auf die Risiken hin: KI in den Händen der falschen Akteure stelle eine vorher nicht dagewesene Gefahr dar. Kritisch sieht er auch die Abhängigkeit von extern entwickelter, intransparenter Technologie (wie etwa Palantir) und plädierte für eine stärkere Regulierung von KI-Tools. Die Informatiker dürften dabei nicht alleine gelassen werden und die Nutzer müssten mehr kritisches Denken einüben.

Den Abschluss in dieser Runde bildete Prof. Dr. Natascha Zowislo-Grünewald (Professur für Unternehmenskommunikation, Universität der Bundeswehr München). Sie stellte das Thema der „kognitiven Kriegsführung“ ins Zentrum ihres Vortrags. Hierbei geht es um die Manipulation gesellschaftlicher Wahrnehmung durch Fehlinformationen oder Deep Fakes. Der Begriff sei noch unscharf, diene aber hauptsächlich dazu, Entscheidungsprozesse zu schwächen und die Staatlichkeit zu unterminieren. Um dem entgegenzuwirken, sei eine präventive Verteidigung gegen Fehlinformationen notwendig. KI könne hier gezielt zur Früherkennung eingesetzt werden, um die Reichweite und Wirksamkeit z. B. von Fake News zu reduzieren.

Nach diesem informativen Auftakt fanden vier parallel organisierte Workshops statt, in denen verschiedene Facetten sicherheitsrelevanter KI diskutiert wurden.

Workshops

Workshop „Weltweiter Stand mitlitärischer KI-Anwendungen“, Joseph Verbovszky

1. Wirtschaftsschutz und -sicherheit: Resilienz im Angesicht von KI und technologischem Wettbewerb (Leitung: Simon Wunder)

2. KI-Entwicklung in Zeiten geoökonomischer Veränderungen und der Werte-Renaissance (Leitung: Frank Schmiedchen)

3. Weltweiter Stand militärischer KI-Anwendungen
(Leitung: Dr. Joseph Verbovszky)

4. Science Diplomacy, Dual Use und Verantwortung der Wissenschaft (Leitung: Prof. Dr. Johann Behrens)

Die Ergebnisse wurden anschließend im Plenum von den Workshopleitern unter Moderation von Oliver Voß (Leiter Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI) vorgestellt. Im Fokus standen dabei die Möglichkeiten zum Schutz der deutschen Wirtschaft vor Cyberangriffen, die Folgen geoökonomischer Veränderungen und der Werte-Renaissance, wertebezogene Szenarien militärischer KI-Nutzung sowie von Science Diplomacy und Dual Use.

Diese Themen konnten in persönlichen Gesprächen beim gemeinsamen kleinen Empfang vertieft werden.

Freitag, 14. November

Panel 2: Implikationen der KI-Entwicklung auf Vertrauen und Sicherheit

Der zweite Tag begann mit dem Panel „Implikationen der KI-Entwicklung auf Vertrauen und Sicherheit“ unter der Leitung von Brigadegeneral a. D. Helmut Ganser. Wie am Vortag gab es drei Impulsvorträge, gefolgt von einer gemeinsamen Diskussion.

Zunächst sprach Prof. Dr. Götz Neuneck über den Zusammenhang von Vertrauen, Sicherheit und Rüstungskontrolle im Kontext von militärisch genutzter KI. Zwar sei es unvermeidbar KI in diesem Feld zu verwenden, allerdings ist bei Hochrisikoanwendungen eine umfassende Risikoeinschätzung dringend notwendig. Gerade im Militärbereich sei es wichtig, dass immer ein Mensch „in the loop“ ist und die auch völkerrechtlich zentralen Entscheidungen letztendlich trifft. Besonders im Bereich von Atomwaffen könne die Unzuverlässigkeit von KI fatale Folgen haben, aber auch bei konventionellen Waffen sei aufgrund der Fehleranfälligkeit Vorsicht geboten. Neuneck plädierte dafür, aus dem Kalten Krieg zu lernen: Ziel müsse es sein, gegenseitige Bedrohungen in diesem neuen technologischen Rüstungswettlauf zu reduzieren. Dazu brauche es Standards für Rüstungskontrolle im KI-Bereich, multilaterale Dialog- und Kontrollgremien sowie praktizierte Vertrauensbildung.

Im Anschluss berichtete Prof. Dr. Angela Kane (ehemalige beigeordnete Generalsekretärin für politische Angelegenheiten der Vereinten Nationen) über die Rolle der Vereinten Nationen in Fragen der KI. Das Thema hat in verschiedenen UN-Gremien in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und mit dem „UN Office for Digital and Emerging Technologies“ nun auch einen festen Ansprechpartner, wenn auch nur in einer beratenden Funktion. Aufgrund der unterschiedlichen Interessenlagen verschiedener Großmächte und Regionen ist ein Konsens zum Thema KI bei der UN bisher nur selten erreicht worden.

Angela Kane

Dennoch gab es 2024 eine mit großer Mehrheit angenommene (Ausnahme: Russland) Resolution zum Thema „KI im militärischen Bereich und ihre Auswirkungen auf Frieden und Sicherheit“. Diese stellt eine Grundlage für verantwortungsvolle Nutzung und eine Intensivierung von multilateralem Austausch bei der militärischen Nutzung von KI dar.

Danach gab Marco-Alexander Breit (Abteilungsleiter Digitalpolitik und Wirtschaft, Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung) einen Einblick in die Sicht der Bundesregierung zu diesem Thema. Aus seiner Sicht geht die größte Gefahr heute von KI-gestützten Cyberangriffen aus. Ohne die Nutzung von defensiver KI könnten diese vielen Angriffe nicht mehr vereitelt werden, weswegen ein Fokus auf den Ausbau der Verteidigungskapazitäten notwendig ist. Es sei dringend notwendig, einen EU-Aktionsplan zu entwickeln, um eigene KI-Unternehmen zu stärken und langfristige Abhängigkeiten von Großmächten wie den USA und China zu vermeiden.

Götz Neuneck

Marco-Alexander Breit

Workshops

Nach einer anregenden Diskussion folgte eine Workshopphase zu den Themen:

Workshop „Rolle der deutschen Wirtschaft“, Michael Barth

1. Verantwortung und KI – Zukunft der Bundeswehr
(Leitung: Prof. Dr. Dierk Spreen)

2. Militärische Vertrauensbildung
(Leitung: Oberst a. D. Wolfgang Richter)

3. Rolle der deutschen Wirtschaft
(Leitung: Michael Barth)

Die Ergebnisse der Workshops wurden anschließend im Plenum mit den Workshopleitungen unter der Moderation von Frank Schmiedchen diskutiert. Herausgearbeitet wurden hier insbesondere die Gefahren von autonom agierenden Systemen und verschiedene Möglichkeiten, um Fehleranfälligkeit zu minimieren: Vor allem als Verteidigungsmaßnahme hat KI das Potenzial die allgemeine Sicherheit zu erhöhen, während eine offensive Anwendung zahlreiche Risiken birgt. Auch die Rolle der deutschen Wirtschaft und die Möglichkeit der Entwicklung von eigenen KI-Modellen in der EU wurde hier diskutiert.

Abschluss und Ausblick

Den Abschluss der Veranstaltung übernahm Brigadegeneral Dr. Volker Pötzsch (Innovation und Cyber, Bundesministerium der Verteidigung). Er gab einen umfassenden Überblick über die aktuelle Lage und kommende Herausforderungen aus Sicht der Bundeswehr. Das Digitale sei bereits heute ein wichtiger Faktor militärischer Innovation und KI nehme hier eine immer zentralere Rolle ein. Aus deutscher Sicht sei es essenziell, den technologischen Anschluss nicht zu verlieren, um die Sicherheit der Bevölkerung auch langfristig gewährleisten zu können. Dabei sei es unbedingt notwendig an den eigenen Werten festzuhalten und dafür auch eigens trainierte KI einzusetzen, die sich diesen Werten unterordnet.

Brigadegeneral Volker Pötzsch

Die Vorträge und Diskussionen bei unserer Tagung machen deutlich, wie sehr KI sicherheits- und friedenspolitische Fragen bereits prägt und welche Herausforderungen damit verbunden sind. Es ist eindeutig, dass verantwortungsvolle Entwicklung, internationale Kooperation und menschliche Entscheidungshoheit zentrale Leitlinien bleiben müssen. KI wird ein Thema bleiben, das uns weiter begleitet und bei dem wir uns auch in der Zukunft einbringen werden.

Bericht: Johannes Brenner

In Zusammenarbeit mit

Mit freundlicher Unterstützung von