09. Juli 2025 | Wissenschaftliches Symposium der Deutschen Physikalischen Gesellschaft e. V. in Zusammenarbeit mit der VDW
Am 9. Juli 2025 jährte sich die Veröffentlichung des berühmt gewordenen Russell-Einstein Manifestes „Remember Your Humanity“ zum 70. Mal. In einer Resolution warnten 1955 elf Wissenschaftler, darunter auch Max Born, Linus Pauling und Joseph Rotblat, vor den Gefahren eines globalen Atomkrieges, der das Fortbestehen der Menschheit bedroht, und förderten die Regierungen auf, friedliche Mittel zu finden, um alle Streitigkeiten zwischen ihnen beizulegen. Traditionell führt die VDW stets eine Veranstaltung zu dem Jahrestag durch. Vor fünf Jahren war dies gemeinsam mit IALANA und der Naturwissenschaftler Initiative eine Veranstaltung mit Egon Bahr als Gastredner.[1] In diesem Jahr fand an dem Jahrestag ein wissenschaftliches Symposium „Remember Your Humanity“ organisiert von der Deutschen Physikalische Gesellschaft in den Räumlichkeiten der Physikalisch-technischen Bundesanstalt PTB in Berlin statt. Schon in der neuen DPG-Denkschrift mit dem Titel „Physik: Erkenntnisse und Perspektiven“ hatte die DPG auf die nuklearen Gefahren und weitere Bedrohungen wie den Klimawandel aufmerksam gemacht.[2] In seinem Einleitungsreferat führte Götz Neuneck; Vorsitzender des Pugwash Councils, in die Kernaussagen des Russell-Einstein-Manifestes ein und erläuterte die aktuellen Herausforderungen: Die humanitären Wirkungen eines Atomkrieges werden weiterhin unterschätzt, die vereinbarten Begrenzungsregime unterhöhlt und die aktuellen Arsenale steigen wieder. Es ist dringend nötig, dass die Wissenschaft risikoreduzierende Maßnahmen erarbeitet und die Politik über die weiteren Konsequenzen konfrontativer Strategien aufklärt.

Der Wissenschaftshistoriker Arne Schirrmacher von der Humboldt-Universität informierte kenntnisreich über die Rolle der Physiker für nukleare Abrüstung zu Beginn des Nuklearzeitalters.
Moritz Kütt, Leiter des „Hamburg Nuclear Disarmament Laboratory“ der Universität Hamburg widmete sich den Möglichkeiten des neuen Atomtestverbotsvertrages und den Beiträgen der Wissenschaft zu Verifikation und Wirkungsanalyse. Als Gast kommentierte Darius Rahimi, Leiter des Grundsatzreferates O09 des Auswärtigen Amtes die Position der Bundesregierung zu Rüstungskontrolle und Abrüstung. In einem Kurzvortrag verwies Brigadegeneral a.D. Helmut Ganser auf die prekäre Stabilität des nuklearen Abschreckungssystems. Der Begriff „nuklearer Schutzschirm“ sei ein Euphemismus und risikobehaftet. Am Ende könne die Auslöschung des Planeten Erde in wenigen Stunden möglich werden. Der Politikwissenschaftler Michael Staack skizzierte die aktuellen Herausforderungen für die Weltordnung und den fehlgeleiteten Diskurs bezüglich sog. autokratischer Staaten. Der Informatiker Karl Hans Bläsius aus Trier verwies auf die Gefahren, die sich durch die Anwendung von Künstlicher Intelligenz ergeben könnten, insbesondere bei der Nutzung von KI bei nuklearen Frühwarnsystemen. Ein Atomkrieg aus Versehen sei nicht ausgeschlossen. Die anschließende Podiumsdiskussion verdeutlichte die Dramatik der Lage und die Notwendigkeit, weiter und verstärkt Öffentlichkeit und Politik über die Gefahren eines Nuklearwaffeneinsatzes aufzuklären. An der Veranstaltung nahmen ca. 60-80 Personen auch mit aktiven Fragen und Diskussionsbeiträgen teil. Die Veranstaltung schloss mit einem netzwerkbildenden Buffet, das die Walter und Else Heraeus Stiftung großzügig gesponsert hatte.
[1] Siehe dazu die Veröffentlichung: U. Bartosch, G.Neuneck, U. Wunderle (Hrsg.): 60 Jahre Russell-Einstein-Manifest, Berlin 2016 und auf Youtube unter: https://www.youtube.com/results?search_query=Russell+Einsatein+Manifest+2015).
[2] Siehe dazu: Götz Neuneck: „Handeln gegen die Naturgesetze kann dauerhaft nicht funktionieren!“, VDW Blog. https://vdw-ev.de/goetz-neuneck-dpg-denkschrift-erkenntnisse-perspektiven/