des VDW-Pugwash Beauftragten Prof. Dr. Götz Neuneck

Hamburg, den 31. Dezember 2019

International hat es 2019 keine Jahrestagung gegeben, allerdings waren viele Einzelaktivitäten des Büros in Rom zu verzeichnen, an denen auch der deutsche Pugwash-Beauftragte beteiligt war. Die Aktivitäten bezogen sich besonders auf die Turbulenzen um das Iran-Abkommen sowie auf Aktivitä-ten in Afghanistan und dem Mittleren Osten. Die Krisenproblematik der beiden Nuklearmächte Indien und Pakistan hat vor dem Hintergrund der erneuten Kashmir-Krise erheblich zugenommen. Mit Nordkorea führen die USA Verhandlungen, die aber wenig Aussicht auf einen grundsätzlichen Durchbruch bezüglich der Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel haben. Einzelheiten sind der Pugwash-Homepage (www.pugwash.org) zu entnehmen. Die Erosion der nuklearen Rüstungskontrollarchitektur schreitet voran. Das Aufkündigen des INF-Vertrages ist ein sehr ernstes Alarmzeichen. Götz Neuneck war im Rahmen einer Pugwash-Delegation am 28.1. 2019 in Moskau, um mit Außenminister Lawrow und Vizeaußenminister Ryabkhov die Sachlage zu diskutieren. Wenige Tage später (31.1.-2.2.2019) fand ein Treffen zu dem Thema mit Vertretern von Think Tanks und NGOs in Washington D.C. statt. Zum INF-Vertrag hat der Pugwash-Beauftragte diverse Interviews gegeben und Vorträge gehalten, so in der Universität der Bundeswehr, in Madrid und in Münster. Die nächste 63. Pugwash-Konferenz wird vom 1.-5. März 2020 in Doha, Katar stattfinden. Ingesamt ergaben sich drei Besuche in Moskau, um Vorschläge für eine Reaktivierung von Rüstungskontrolle und Abrüstung zu erreichen.

Die europäischen Pugwash-Gruppen haben ihre Zusammenarbeit fortgesetzt. So fand vom 27. Februar bis 1. März 2019 in Bristol/Großbritannien ein zweitägiges Treffen der europäischen Pugwash-Gruppen statt. Götz Neuneck war sowohl in die Vorbereitungen involviert als auch durch zwei Vorträge zur INF-Problematik und zur Verifikation nuklearer Abrüstung beteiligt. Ein ausführlicher Bericht der britischen Pugwash-Gruppe liegt vor. Auch kam es zu Treffen mit dem Generalsekretär und diversen Pugwash-Mitgliedern bei Konferenzen in Rom, Washington, Madrid und Moskau. Am 3. Juni 2019 führte die schwedische Pugwash-Gruppe in Zusammenarbeit mit der russischen und deutschen Pugwash-Gruppe ein eintägiges Seminar „Understanding the New World Order“ an der Universität Stockholm durch. Dies war gleichzeitig eine Vorbereitung für einen größeren Workshop, der am 11./12. November 2019 mit Mitteln des schwedischen Außenministeriums stattgefunden hat. Ein weiterer Workshop zum nuklearen Winter und zur Rolle der Physik ist geplant. Am 9. und 10. Dezember fand ein Pugwash-Workshop zu „Hypersonic Weapons“ in Genf statt.

Götz Neuneck koordiniert im Rahmen der Deep Cuts Kommission (www.DeepCuts.org) eine trilaterale Arbeitsgruppe, in der deutsche, russische und amerikanische Vertreter Vorschläge für weitere nukleare Abrüstung erarbeitet haben. Im Laufe des Jahres traf sich die neu gegründete Studiengruppe „Frieden und europäische Sicherheit“ mehrmals und erarbeitete verschiedene substantielle Papiere sowie eine Stellungnahme mit konkreten Handlungsempfehlungen zum Auslaufen des INF-Vertrags (siehe: https://vdw-ev.de/ueber-uns/studiengruppen/europ-sicherheit-frieden/). Es kam zu vielfältigen Kontakten mit dem Auswärtigen Amt und zu einem Treffen mit Ex-Außenminister Sigmar Gabriel.

Der Aufbau einer funktionierenden deutschen Pugwash-Gruppe ist darüber hinaus in Arbeit. Es konnten einige Interessenten rekrutiert werden. Ein Jahrestreffen ist in Planung. Auch ergibt sich durch die erfolgreiche Arbeit der VDW-Studiengruppe ein gutes und kenntnisreiches Umfeld. Als nächstes sollte eine deutsche Pugwash-Jahrestagung unter internationaler Beteiligung ins Visier genommen werden. Mit der britischen Pugwash-Gruppe gab es Pläne zu Track II Diplomacy in Sachen Iran. Mit einem Mitglied der französischen Pugwash-Gruppe wurde ein Antrag für einen Workshop im Rahmen des „EuroScience Open Forum“ in Triest im Juli 2020 zum Thema: „The contribution of scientists to world peace and security: science diplomacy, science ethics, scientific research. The case of nuclear disarmament“ erarbeitet und eingereicht.

Zentrale Arbeitsfelder von Pugwash bleiben: das Ringen um den Erhalt des Iran-Abkommens, Nord-Korea, die Zukunft des New-START-Vertrages und die Bewahrung der globalen Rüstungskontrolle im Hinblick auf eine Welt ohne Nuklearwaffen, die Diskussion um die nukleare Verifikation einer nuklearwaffenfreien Welt sowie die friedens- und sicherheitspolitischen Implikationen bei der Einführung neuer Technologien (Cyber-, Weltraumwaffen, Überschallflugkörper etc.). Das Ziel einer Welt ohne Nuklearwaffen ist in weitere Ferne gerückt und es bedarf der verstärkten Zusammenarbeit der Zivilgesellschaft, um einen vollständigen Kollaps der Rüstungs- und Abrüstungsregime (NPT, N-START etc.) zu verhindern. Eine Lösung der Problematik alleine durch ein Inkrafttreten des Verbotsvertrages für Nuklearwaffen ist zurzeit kaum zu erwarten, wenngleich dies die einzige Neuinitiative ist, die eine klare Sprache im Hinblick auf die Völkerrechtswidrigkeit und Inhumanität von Nuklearwaffen spricht. Im Gegensatz zur Klimaproblematik sind die Öffentlichkeit und auch die klassische Wissenschaft nicht gut informiert und wohl auch wenig interessiert, um hier politisch wirksam zu werden.