In dieser Woche erscheint das Buch „20 Jahre Whistleblower-Preis. Was wurde aus den Preisträger:innen und ihren Enthüllungen?“ herausgegeben von Gerhard Baisch, Hartmut Graßl, Bernd Hahnfeld und Angelika Hilbeck im Berliner Wissenschaftsverlag. Es beleuchtet die Lebenswege einzelner Preisträger:innen und geht der Frage nach, welche Folgen die Aufdeckung von Missständen für die jeweiligen Whistleblower:innen hatten.

Zitat Whistleblowerbuch Graßl

Seit 1999 haben die deutsche Sektion der IALANA (International Association of Lawyers against Nuclear Arms) und die VDW jeweils alle zwei Jahre herausragende Whistleblower:innen mit dem Deutschen Whistleblower-Preis geehrt. Dadurch sollte ihnen öffentlich Anerkennung für ihr mutiges Handeln ausgesprochen werden. Gleichzeitig konnte so gezeigt werden, dass die Gesellschaft auf Menschen wie sie angewiesen ist, um geheim gehaltene Fehlentwicklungen und Missstände zu erkennen und deren Behebung einzufordern.

Geehrt wurden insgesamt 18 Whistleblower:innen, u.a. Alexander Nikitin (nukleare Verseuchung des Nordmeers), Margrit Herbst (BSE-Skandal), Daniel Ellsberg (Pentagon-Papiere zum Vietnam-Krieg), Brigitte Heinisch (Altenpflegemängel), Liv Bode (Borna-Virus), Rainer Moormann (Kugelhaufen-Reaktor), Chelsea Manning (US-Kriegsverbrechen), Gilles-Eric Seralini (Gesundheitsgefahr durch Glyphosat), Edward J. Snowden (Prism), Can Dündar (Erdogan unterstützt IS mit Waffen) und Martin Porwoll (Krebsmedikamente ohne Wirkstoff).

Das Buch eröffnet insbesondere durch Interviews mit den Preisträger:innen einen Blick auf die oft schweren Schicksale, welche die geehrten Whistleblower:innen nach ihrem Alarmgeben erlitten haben. Bewundernswert ist, dass fast alle ihr Handeln nicht bereuen, sondern wieder so handeln würden. Ihre Schilderungen zeigen außerdem eindrücklich, an welchen Punkten der nötige Schutz erweitert werden muss.

Die Bemühungen der letzten Jahre um einen besseren gesetzlichen Schutz der Whistleblower:innen in Deutschland wurden von IALANA und VDW kritisch begleitet und unterstützt. Das am 2. Juli 2023 in Kraft getretene Hinweisgeberschutzgesetz sehen die Herausgeber:innen als halbherzige und unvollständige Umsetzung des EU-Auftrags an. Es dient eher dem Schutz vor Whistleblower:innen als deren Schutz selbst, obgleich dieser dringend geboten wäre. Ihre Einschätzungen zum Gesetz und zum Whistleblower-Schutz im Allgemeinen formulieren die Herausgeber:innen in zwei abschließenden Kapiteln im Buch.

Dieter Deiseroth war nicht nur Initiator und Ideengeber des Whistleblower-Preises, sondern leitete auch bis zuletzt die Jury, die die Fälle der vorgeschlagenen Personen untersuchte und einen oder eine Preisträger:in bestimmte. 20 erfolgreiche Jahre Whistleblower-Preis hätte es ohne Dieter Deiseroth († 21. August 2019) nie gegeben. Das Buch ist deshalb ihm und seinem unablässigen Engagement für Whistleblower:innen gewidmet.

Die öffentliche Buchvorstellung findet am Samstag, 19. August 2023 um 19:30 Uhr in der Villa Ichon in Bremen statt. Mehr Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier.