Rückblick vom 29. & 30. April 2022

Am Freitag 29. und Samstag 30. April fand die diesjährige Jahrestagung der VDW statt. In Zeiten tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen ist die Wissenschaft aufgefordert, die besten Lösungen für die großen Herausforderungen zu finden. Folgen des Klimawandels und der Digitalisierung, Pandemien und kriegerische Auseinandersetzungen bedingen gesellschaftliche (Um-)Brüche und sind prominente Problemfelder mit denen sich die Wissenschaft kritisch, interdisziplinär und lösungsorientiert auseinandersetzen muss. Die diesjährige Jahrestagung der VDW fand daher unter dem Leitgedanken „Die Verantwortung der Wissenschaft für die Gestaltung der Zukunft“ in der Landesvertretung Niedersachsen in Berlin (und per Zoom) statt. 

Die Präsentationen und Videos finden Sie weiter unten auf der Website. 

Rückblick:

© Foto: Suzy Hazelwood; Bearbeitung: Franziska Döring

In der Tradition der Göttinger 18 ist die Verantwortung der Wissenschaft Antrieb und Leitgedanke der VDW, der auch die diesjährige VDW Jahrestagung 2022 prägte. Tagungsziel war es, mit unseren Mitgliedern, renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, insbesondere der jungen Wissenschaftsgeneration sowie Vertreterinnen und Vertretern aus der Wissenschaftspolitik zu erörtern, wie Wissenschaft unter sich stetig verändernden Rahmenbedingungen Verantwortung übernehmen und ihrer Rolle als Aufklärungs- und Gestaltungsinstanz gerecht werden kann.

Die im Hybridformat durchgeführte Tagung fand teilweise in Kooperation mit der Universität Göttingen in der Tradition deren jährlichen gemeinsamen Tagung Wissenschaft für Frieden und Nachhaltigkeit statt. Das Land Niedersachsen hat die Universität Göttingen in dem Anliegen der Verantwortung der Wissenschaft in den letzten Jahren immer wieder unterstützt und daher war die Landesvertretung in Berlin als Veranstaltungsort ein sehr angemessener Tagungsort und wir freuten uns, dass der Ministerpräsident Stephan Weil und der Präsident der Universität Göttingen, Prof. Dr. Metin Tolan, uns zu Beginn der Tagung ein Grußwort sendeten. Als Einstieg in die Thematik berichtete Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker zunächst über die Geschichte und dem Anspruch der VDW im Sinne der „Verantwortung der Wissenschaft“ und plädierte dabei für einen noch größeren Einsatz und mehr Mut aus und in der Wissenschaft. Anschließend stand die Stellungnahme der DFG durch deren Präsidentin Prof. Dr. Katja Becker und der Leopoldina, vertreten durch das Präsidiumsmitglied Prof. Dr. Thomas Lengauer, zur Wissenschaftsfreiheit und Wissenschaftsverantwortung zur Diskussion. Die Veranstaltung sollte so die Arbeit der VDW stärker mit den Arbeiten etablierter Forschungseinrichtungen vernetzen und die Verantwortungsdiskussion im gesamten deutschen Wissenschaftssystem führen.

Der zweite Teil des ersten Nachmittags beschäftigte sich mit der individuellen wie auch institutionellen Verantwortung in der Wissenschaft. Dabei fokussierte Prof. Dr. Johannes Vogel, Leiter des Naturkundemuseums in Berlin, die Thematik von Innovation und Teilhabe innerhalb der Forschung. Es folgte Dr. Jakob Schweizer vom MPI Magdeburg, der das Max-Planck-Nachhaltigkeitsnetzwerk vorstellte und so die Bestrebungen für ein nachhaltiges und wissenschaftliches Umfeld innerhalb der Gesellschaft in der Praxis veranschaulichte und somit als Vorbild für andere Wissenschaftseinrichtungen dienen kann. Prof. Dr. Hartmut Graßl würdigte anschließend die Lebenswerke der beiden Nobelpreisträger Prof. Dr. Paul Crutzen, der im Januar 2021 verstarb, sowie Prof. Dr. Klaus Hasselmann, ehemaliger Leiter des Max-Planck-Instituts für Meteorologie, deren Forschungen und Bemühungen weit über ihre Wissenschaftsdisziplinen hinaus wirkten.

Der Abend war thematisch geprägt durch die Verleihung der „Max Born-Medaille für Verantwortung in der Wissenschaft“ an den langjährigen VDW-Vorsitzenden und eh. Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie Prof. Dr. Hartmut Graßl. Umrahmt wurde die Ehrung für seine unermüdlichen Bestrebungen in der Wissenschaft  durch Laudationen von Prof. Dr. Martin Claußen, derzeitiger  Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie, sowie vom ehemaligen Staatssekretär des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und Bundesvorsitzender der NaturFreunde e.V. Michael Müller. Als Abschluss des ersten Tages folgte die Max Born-Vorlesung von Prof. Dr. Hartmut Graßl.

Die drei inhaltlichen Themenstränge des zweiten Tags der Jahrestagung waren 1) Friedens- und Sicherheitspolitik, 2) Digitalisierung und 3) Nachhaltigkeit. Diese ergeben sich aus der Tradition der VDW in der Friedensforschung sowie den Forschungsfeldern ihrer Mitglieder zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Den Auftakt machte der Physiker und Geograph Prof. Dr. Jürgen Scheffran zur Zukunftsverantwortung der Wissenschaft im Kontext von Klimawandel und Sicherheit. Daran anknüpfend erläuterte Prof. Dr. Armin Grunwald vom ITAS die Technikbewertung von Dual-Use-Technologien, im Rahmen dessen er sowohl auf Chancen als auch auf Risiken neuer Technologien für Gesellschaft, Politik sowie Klima und Umwelt einging. Die gesellschaftliche Resilienz im Angesicht einer immer digitaler werdenden Wirtschaft war anschließend auch das Vortragsthema von Prof. Dr. Hannes Federrath von der Gesellschaft für Informatik, in dem er u.a. auf die technologische Souveränität von Staaten einging. Um Souveränität sowie politische Rahmenbedingungen im Kontext internationaler Wissenschaftskooperationen ging es im Anschluss auch in dem Vortrag von Dr. Effrosyni Chelioti von der Helmholtz-Gemeinschaft. Dabei ging sie auf die Relevanz von Science Diplomacy und Herausforderungen für die Zukunft – insbesondere bezüglich des Umgangs mit Ländern, die andere Werte teilen, jedoch wissenschaftlich stark sind – ein.

Der zweite Teil des Vormittags stand ganz unter der dem Handlungsprinzip der Nachhaltigkeit. Der Umweltethiker Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald ging anschließend in seinem Vortrag auf die Thematik des regionalen Wirtschaftens (Bioregionalismus) ein und erläuterte dabei u.a. den Begriff der planetaren Gesundheit. Der Biologe und Leiter des Instituts für Pflanzenwissenschaften am Forschungszentrum Jülich, Prof. Dr. Ulrich Schurr, stellte anschließend das Forschungsprojekt BioökonomieREVIER der Modellregion Rheinisches Revier als Brückenschlag zwischen Forschung und Regionalentwicklung im Strukturwandel vor.

Die drei Themen konnten keinesfalls unabhängig voneinander betrachtet werden, sondern wurden in ihrer inhaltlichen Verknüpfung interdisziplinär diskutiert und bearbeitet. Durch den fachlichen Input der Vortragenden und dem Austausch im großen Plenum und sowie anschließend innerhalb der Workshops am Nachmittag des zweiten Tags wurde gewährleistet, dass die Jahrestagung der VDW nicht nur die Erkenntnisse verschiedener Fachrichtungen vernetzt, sondern aktiv transdisziplinäre Handlungsfelder für die Gestaltung der Zukunft aufzeigte. Die Diskussionen in den Workshops werden von den Rapporteuren Dr. Christian Alwardt (Frieden und Sicherheit | Bericht als PDF), Axel Fersen (Digitalisierung | Bericht als PDF) und Prof. Dr. Hartmut Graßl  (Nachhaltigkeit | Bericht als PDF) aufgenommen und als Zusammenfassung den Teilnehmenden im Nachgang zu der Tagung bereitgestellt. Jene Ergebnisse und Denkanstöße werden auch in die Arbeit der Studiengruppen der VDW einfließen.

Veranstaltungsdurchführung und Teilnahmebedingung unter Berücksichtigung der: 

(Nachhaltiges Tagungskonzept)

Impressionen der VDW-Jahrestagung

Echo aus der Presse

Andreas Beckmann, Deutschlandfunk: „Das Gewissen der Forschung. Verantwortung von Wissenschaft“

Grußworte

Stephan Weil

Ministerpräsident des Landes Niedersachsen

Prof. Dr. Metin Tolan

Präsident der Universität Göttingen

Verleihung der Max-Born-Medaille

Prof. Dr. Ulrike Beisiegel

Prof. Dr. Hartmut Graßl

Videos und Präsentationen der Vortragenden

  • Michael Barth – Sozialwissenschaftler, Abteilungsleiter Corporate Affairs der genua GmbH | Kurzbiografie

  • Prof. Dr. Katja Becker – Medizinerin und Biochemikerin, Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG): „Gestaltung ermöglichen“ | Kurzbiografie | Video

  • Prof. Dr. Ulrike Beisiegel – Biochemikerin, ehem. Präsidentin der Georg-August-Universität Göttingen, Co-Vorsitzende der VDW | Kurzbiografie | Video Begrüßung | Video Verleihung Max-Born-Medaille

  • Dr. Effrosyni Chelioti – Politik- und Rechtswissenschaftlerin, Leiterin Außenbeziehungen in der Helmholtz-Gemeinschaft: „Internationale Wissenschaftskooperation unter neuen politischen Rahmenbedingungen“  | Video

  • Prof. Dr. Martin Claußen – Meteorologe und Klimaforscher, Direktor em. am Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg: „Laudatio des Max-Planck-Instituts für Meteorologie“ | Kurzbiografie | Video

  • Dr. Marcus Conlé – Sinologe und Wirtschaftswissenschaftler, DESY Forschungsprojekt Handlungs- und Orientierungssicherheit bei wissenschaftlichen Kooperationen (Projekt WIKOOP-INFRA): „Handlungs- und Orientierungssicherheit in wissenschaftlichen Kooperationen mit China – Untersuchungen an analytischen Forschungsinfrastrukturen“

  • Prof. Dr. Hannes Federrath – Informatiker, Präsident der Gesellschaft für Informatik (GI): „Gesellschaftliche Resilienz im Angesicht digitaler Wirtschaft“  | Kurzbiografie | Video

  • Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald – Unternehmens- und Politikberater, Leiter der Renate Benthlin-Stiftung für Nutztierschutz und Aufsichtsratsvorsitzender des WorldFuture Councils: „Bioregionalismus – regionales Wirtschaften eingebettet in das Ganze der Natur“ | Kurzbiografie | Präsentation auf Nachfrage |  Video

  • Prof. Dr. Hartmut Graßl – Physiker und Klimaforscher, Direktor em. am Max-Planck-Instituts für Meteorologie, Co-Vorsitzender der VDW: (1) „Gelebte Verantwortung: Würdigung der Lebenswerke der Nobelpreisträger Paul Crutzen und Klaus Hasselmann“, (2) „Max-Born-Vorlesung“| Kurzbiografie | (1) Video Würding von Paul Crutzen & Klaus Hasselmann (2) Video Max-Born-Vorlesung

  • Prof. Dr. Armin Grunwald – Physiker, Philosoph und Technikfolgenabschätzer, Leiter des Instituts für Technikfolgeabschätzung und Systemanalyse (ITAS): „Technikbewertung von Dual-Use-Technologien“ | Kurzbiografie | Video

  • Prof. Dr. Thomas Lengauer – Informatiker, Co-Vorsitzender des Gemeinsamen Ausschusses zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung der DFG und der Leopoldina: „Gemeinsamer Ausschuss zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung“ | Kurzbiografie | Präsentation | Video

  • Michael Müller – Politiker, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands, ehem. Staatssekretär am Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): „Hartmut Graßl und unsere Verantwortung für die Welt“  | Kurzbiografie | Video

  • Prof Dr. Götz Neuneck – Physiker und Friedensforscher, ehem. Stellvertretender Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg | Kurzbiografie

  • Dr. Julia Pohle – Sozialwissenschaftlerin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe Politik der Digitalisierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialkunde (WZB): „Resilienz digitaler Wertschöpfungsketten“ | Kurzbiografie

  • Dr. Maria Reinisch – Hirnforscherin und Geschäftsführerin der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler e.V. (VDW) | Kurzbiografie

  • Prof. Dr. Bernhard Sabel – Psychologe am Institut für Medizinische Psychologie (IMP) der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg: „Digitale Verbreitung von Fake-Publikationen in der Wissenschaft: eine globale Gefahr für die digitale und wissensbasierte Ökonomie?“ | Kurzbiografie

  • Prof. Dr. Jürgen Scheffran – Physiker und Geograph, Leiter der Forschungsgruppe Klimawandel und Sicherheit (CLISEC) am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg: „Zukunftsverantwortung der Wissenschaft zwischen Erhaltung, Entfaltung und Gestaltung“ | Kurzbiografie | Präsentation  | Video

  • Frank Schmiedchen – Wirtschaftswissenschaftler, Regierungsdirektor des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung | Kurzbiografie

  • Prof. Dr. Ulrich Schurr –  Biologe, Leiter des Instituts für Pflanzenwissenschaften am Forschungszentrum Jülich: „BioökonomieREVIER: Brückenschlag zwischen Forschung und Regionalentwicklung im Strukturwandel“ | Kurzbiografie | PräsentationVideo

  • Dr. Jakob Schweizer – Biophysiker und Management des Max-Planck-Forschungsnetzwerkes MaxSynBio: „Das Max-Planck-Nachhaltigkeitsnetzwerk“  | Kurzbiografie | Präsentation | Video

  • Prof. Johannes Vogel, Ph.D. – Botaniker, Direktor des Museums für Naturkunde Berlin: „Forschung – Innovation mit Teilhabe“ | Kurzbiografie | Video

  • Christine von Weizsäcker – Biologin, Präsidentin des europäischen Ökologie-Netzwerks Ecoropa: „Einige Gedanken zu wichtigen Thesen“ | Kurzbiografie

  • Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker – Umweltwissenschaftler und Nachhaltigkeitsforscher, Gründungspräsident des Wuppertal Instituts: „Zur Geschichte und dem Anspruch der VDW im Sinne der Verantwortung der Wissenschaft“ | Kurzbiografie | Präsentation auf Nachfrage | Video

  • Dr. Karin Zach – Physikerin, Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG): „Wissenschaftliche Zusammenarbeit mit China in individuellen Projekten“

[Anmerkung: Die biografischen Angaben beruhen auf den Selbstauskünften der Referierenden.]