Laudato Si‘ – Die päpstliche Umwelt-Enzyklika im Diskurs mit der Wissenschaft
Unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten fand im Schloss Bellevue wieder die Woche der Umwelt statt – und in diesem Kontext auch das Fachforum der VDW e. V. gemeinsam mit der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Am 8. Juni 2016 diskutierten führende Klima-Wissenschaftler und Umweltpreisträger gemeinsam mit Vertretern aus Kirchen und Promotionsstipendiatinnen der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Was könnte Laudato Si‘ für die Zukunft unseres Planeten bewirken?
Mit „Laudato Si’“ hat Papst Franziskus einen vielbeachteten Impuls in die globale Umweltdiskussion eingebracht. Unter dem Titel „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ lädt er „dringlich zu einem neuen Dialog ein über die Art und Weise, wie wir die Zukunft unseres Planeten gestalten“. Damit benennt er die Bewahrung der Schöpfung zusammen mit den Fragen von Gerechtigkeit und Frieden als drängende Verantwortung der Menschheit. Dieser Aufruf zur „neuen universalen Solidarität“ schließt somit auch an frühere Appelle aus den Kirchen an. Wird heute ein Bewusstseinswandel erreicht? Ist die Zeit reif für eine neue wirtschaftliche und politische Gestaltung der Welt?
Weiterführende Links
Hier finden Sie die von den ReferentInnen ausgewählten Kernstatements (Zitate aus der Enzyklika) des Fachforums als PDF.
Hier finden Sie die Hauptstatements der Referierenden des Fachforums als PDF.
Prof. Dr. Hartmut Graßl
Statements
„Der Papst hat mit der Enzyklika Laudato Si‘ etwas Sensationelles gemacht. Die Kirche nimmt den aktuellen Stand der Wissenschaft direkt auf und bekräftigt ihn. Noch nie hat eine Enzyklika so viel Wissen von der Wissenschaft übernommen wie Laudato Si‘.“
„Der Papst zeigt, dass wir aufhören sollen zu jammern und anfangen sollen zu handeln.“
„Bildung ist entscheidend um einen nachhaltigen Wandel hin zur Großen Transformation zu ermöglichen. Das fängt bereits in der Kita an.“
Zitat aus der Enzyklika
„Gelobt seist Du, mein Herr, durch Bruder Wind und durch Luft und Wolken und heiteren Himmel und jegliches Wetter, durch das Du Deinen Geschöpfen den Unterhalt gibst.“ (5. Strophe des Sonnengesangs Laudato Si’)
Aurélie Halsband
Statements
„Wichtig ist für mich, dass es sich bei dem Schreiben um eine sozio-ökologische Enzyklika handelt.“
„Zentral ist die Frage der sozialen Gerechtigkeit und damit verbunden der Generationengerechtigkeit.“
„Die Grundvoraussetzungen für ein gutes Leben (el buen vivir) sollten für alle Menschen gewährleistet werden und auch für zukünftige Generationen möglich sein.“
Zitat aus der Enzyklika
„Es gibt nicht zwei Krisen nebeneinander, eine der Umwelt und eine der Gesellschaft, sondern eine einzige und komplexe sozio-ökologische Krise. Die Wege zur Lösung erfordern einen ganzheitlichen Zugang, um die Armut zu bekämpfen, den Ausgeschlossenen ihre Würde zurückzugeben und sich zugleich um die Natur zu kümmern.“ (Herder-Ausgabe: S. 144)
Prof. Dr. Peter Hennicke
Statements
„Was gesagt und wie es gesagt wird, ist nichts Neues. Aber dass ein Papst es sagt, ist sensationell.“
„Die Ressourcen sind da, aber ihre (ungerechte) Verteilung ist das Problem.“
„Die Enzyklika spricht von einer Verwaltung der Ressourcen zum Wohle aller. Wenn wir dies ernst nehmen, ist dies ein klares Statement für Divestment aus fossilen Energieträgern (v. a. Kohle, Öl und Gas).“
Zitat aus der Enzyklika
„Wir kommen jedoch heute nicht umhin anzuerkennen, dass ein wirklich ökologischer Ansatz sich immer in einen sozialen Ansatz verwandelt, der die Gerechtigkeit in die Umweltdiskussionen aufnehmen muss, um die Klage der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde“ (S. 44)
Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger
Statements
„Wir müssen die Enzyklika als sozio-ökologische Enzyklika begreifen.“
„Die Enzyklika adressiert ‚alle Menschen guten Willens‘.“
„Wir müssen aufhören, in Legislaturperioden zu denken. Das Umlegen des Schalters im Kopf der Menschen ist dafür entscheidend.“
Zitat aus der Enzyklika
„Gott der Liebe, zeige uns unseren Platz in dieser Welt als Werkzeug deiner Liebe zu allen Wesen dieser Erde, denn keines von ihnen wird von dir vergessen. Erleuchte, die Macht und Reichtum besitzen, damit sie sich hüten vor der Sünde der Gleichgültigkeit, das Gemeinwohl lieben, die Schwachen fördern und für diese Welt sorgen, die wir bewohnen“ (Gebet für unsere Erde im Schlusskapitel der Enzyklika; S. 246)
Melanie Müller
Statements
„Als Botschaften von Franziskus in der Enzyklika sehe ich vor allem:
- Die Armen leiden unter dem Klimawandel am meisten.
- Es ist (eigentlich) genug für alle da, das Problem ist die ungerechte Verteilung der Ressourcen.
- Wir brauchen eine Debatte über das gute Leben und nicht über Wachstum.“
„Die Frage stellt sich außerdem, ob wir eine neue Verantwortungsethik in der Wissenschaft benötigen.“
Zitat aus der Enzyklika
„Die menschliche Umwelt und die natürliche Umwelt verschlechtern sich gemeinsam, und wir werden die Umweltzerstörung nicht sachgemäß angehen können, wenn wir nicht auf die Ursachen achten, die mit dem Niedergang auf menschlicher und sozialer Ebene zusammenhängen“.
Prof. Dr. Konrad Raiser
Statements
„Die Enzyklika Laudato Si´ ist ein Meilenstein. Sie ist primär an die säkulare Öffentlichkeit gerichtet. Das ist ungewöhnlich. Sie kann außerdem zur Wiederbelebung des ökumenischen Dialogs beitragen.“
Zitat aus der Enzyklika
„Es wird keine neue Beziehung zur Natur geben ohne einen neuen Menschen. Es gibt keine Ökologie ohne eine angemessene Anthropologie“ (Para. 118)
Diskutierende und Mitwirkende
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hartmut Graßl,
Vorsitzender des Vorstands der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), em. Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie, Träger des Deutschen Umweltpreises 1998
Aurélie Halsband, M.A.
ehem. Promotionsstipendiatin der DBU
Prof. Dr. Peter Hennicke,
ehem. Präsident Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Träger des Deutschen Umweltpreises 2014
Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger,
Diözese Augsburg, Vorsitzender des Stiftungsrates der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, ehem. Mitglied des Dt. Ethikrates, Senatsmitglied der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V.
Melanie Müller, Diplom-Politologin
ehem. Promotionsstipendiatin der DBU
Prof. Dr. Konrad Raiser,
ehem. Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen
Moderation:
Prof. Dr. Ulrich Bartosch,
Vorsitzender des Beirats der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), Prof. der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt