22. Juni 2020, Universität Passau | Zweiter Aktionstag zur Aufklärung 2.0

Prof. Ernst Ulrich von Weizsaecker betont die Dringlichkeit einer neuen Aufklaerung. VDW Symposium Wir sind dran 2019

Am 22. Juni fand an der Universität Passau der zweite Aktionstag zur Aufklärung 2.0: Wir sind Dran! mit Ernst Ulrich von Weizsäcker statt, eine Veranstaltungsreihe, welche die VDW in Kooperation mit dem Wuppertal Institut und der Deutschen Gesellschaft Club of Rome veranstaltet, unter Federführung von Prof. Dr. Ulrich Bartosch. In Ulrich Bartoschs Worten: „Wir wollen unsere Hochschule als Raum des gemeinsamen Zukunftsdenkens für Studierende und Lehrende neu beleben. Dazu gehört die kritische Reflexion der Möglichkeiten und der Verantwortung von Wissenschaft.“

Wegen der gegenwärtigen Einschränkungen aufgrund der Corona Pandemie war der Aktionstag erstmals in digitalem Format zu erleben sein – eine spannende Gelegenheit den Aktionstag überregional zu erfahren.

Veranstaltet durch die

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in Kooperation mit

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Impulse und Keynotes

Bei den Projekten wurden die Studierenden von Impulsgebern unterstützt: Maria Reinisch erklärte ihr Konzept zum mitgestaltetem Gesellschaftseinkommen, Thomas Pleil analysierte die Zusammenhänge zwischen Nachhaltigkeit und Kommunikationsstrategien und Eric Mührel sprach zum Menschenrecht auf Bildung.

Projekte

Bei den Aktionstagen stehen die Studierenden im Mittelpunkt. Und so waren die Arbeiten der Studierenden die Grundlage der Diskussionen. 300 Studierende in 18 Lehrveranstaltungen haben sich das Semester über mit einer neuen Aufklärung und Nachhaltigkeit auseinandergesetzt, um ihre Ergebnisse beim Aktionstag zu präsentieren und diskutieren. In vier Clustern wurden die Themenbereiche Wirtschaft und Ethik, Digitaler Humanismus, Bildung und Werte, und Politik und Raum abgedeckt.

Dabei konnten wir ganz unterschiedliche Projekte und Ansätze kennenlernen, unter anderem wie funktioniert Nachhaltigkeit an der Uni Passau und in Passau insgesamt?

Vernetzung auf allen Ebenen

Durch das Zusammenbringen unterschiedlicher Fachbereiche entstehen Austausch und Vernetzung. Doch die Aktionstage wollen auch zum interinstitutionellen Austausch aufrufen. In diesem Sinne entstand das Vernetzungstreffen an dem Studierende aller am Aktionstag beteiligten Hochschulen teilnahmen: der Hochschule Koblenz, der Universität Passau, der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, der Hochschule Emden/Leer und der HAW Hamburg. Um weiterhin für Vernetzung zu sorgen, werden Vernetzungstreffen dieser Art in regelmäßigen Abständen stattfinden.

Darüber hinaus ist eine intergenerationale Vernetzung entscheidend, auch um unterschiedliche Perspektiven nachzuvollziehen. Hierfür eignete sich das Ok-Boomer?-Café, bei dem auch unterschiedliche Campus-Initiativen zu Wort kamen.

Referierende

Prof. Dr. Ulrich Bartosch

Prof. Dr. Hartmut Graßl

Porträt Graßl

Prof. Dr. Eric Mührel

Ulrich Bartosch, Jahrgang 1960, ist seit April 2020 Präsident der Universität Passau und VDW-Beiratsvorsitzender. Zuvor war er Professor für Pädagogik an der Fakultät für Soziale Arbeit und Schwerpunktvertreter „Interkulturelle / Internationale Sozialarbeit“ an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Dort war er von 2001 bis 2007 als Senator und Dekan tätig. Professor Bartosch studierte Pädagogik und Politische Wissenschaft in Regensburg. Er promovierte zum Dr. phil. bei Prof. Dr. Iring Fetscher (Goethe-Universität Frankfurt am Main) und Prof. Dr. Herfried Münkler (Humboldt-Universität Berlin) mit einer ideengeschichtlichen Arbeit zur Theorie des Friedens von Carl Friedrich von Weizsäcker. Von 2009 bis 2015 war er Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW). Er ist ein aktives Mitglied der Deutschen Pugwash-Gruppe und findet mit seinen Publikationen über politische Theorien internationales Gehör.

Der weltweit anerkannte Klimaforscher Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Hartmut Graßl ist emeritierter Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie und ehemaliger Professor der Universität Hamburg. Hartmut Graßl warnte schon früh vor den Folgen des Klimawandels und engagiert sich bis heute für die Entwicklung entsprechender Lösungen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse. Neben seiner Funktion als Vorsitzender der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler hat er zahlreiche weitere Positionen in verschiedenen wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und wissenschaftspolitischen Gremien inne. Für seine Verdienste erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Deutschen Umweltpreis der DBU und das Große Bundesverdienstkreuz am Bande der BRD.

Eric Mührel ist Professor für Professionsspezifische und ethische Grundlagen Sozialer Berufe am Fachbereich Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz. Sein thematischer Fokus liegt insbesondere auf der Haltung zur Demokratie und den Aufgaben der Hochschulen in diesem Kontext. In diesem Zusammenhang hat er sich konkret mit der Verantwortung der (Hochschul-)bildung für eine zweite Aufklärung auseinandergesetzt. Herr Mührel ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des in Partnerschaft mit den Vereinten Nationen durchgeführten globale Projekts zur Erweiterung und Vertiefung des Menschenrechts auf Bildung, und stellte es im Sommer 2019 bei den Vereinten Nationen in New York vor.

Dr. Maria Reinisch

Portrait Dr. Maria Reinisch

Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker

Prof. Ernst Ulrich von Weizsaecker betont die Dringlichkeit einer neuen Aufklaerung. VDW Symposium Wir sind dran 2019

Prof. Dr. Thomas Pleil

Maria Reinisch ist seit 2016 Geschäftsführerin der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW e.V.). Davor war sie mehr als 25 Jahre international erfolgreich als Top-Managerin in den Bereichen Marketing und Kommunikation, zuletzt als Leiterin der Kommunikation für Siemens Deutschland.

Sie hat im Kontext der Hirnforschung promoviert. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Nachhaltigkeitsthemen im Kontext von Energiewende und sozio-ökonomischer Transformation. Neue Konzepte und Initiativen wie zum mitgestaltenden Gesellschaftseinkommen oder zum intelligenten Energieverbrauch hat sie entwickelt.

Ernst Ulrich von Weizsäcker ist einer der bedeutendsten Nachhaltigkeitsforscher der Welt, ehemaliger Vorsitzender der VDW, Gründungspräsident des Wuppertal Instituts und war langjähriger Co-Präsident des Club of Rome.

Seit 2012 ist er Honorarprofessor an der Universität Freiburg. Zuvor lehrte er an der Universität Essen als ordentlicher Professor für Biologie (1972-1975), war Präsident der Universität Kassel (1975-1980) und wechselte dann 1981 als Direktor an das UNO-Zentrum für Wissenschaft und Technologie in New York. Von 1984 bis 1991 war er Direktor des Instituts für Europäische Umweltpolitik Bonn, Paris, London. Für die SPD war Ernst Ulrich von Weizsäcker von 1998 bis 2005 Mitglied des Deutschen Bundestags. Von 2006 bis 2008 war er Dean der Donald Bren School for Environmental Science and Management, University of California, Santa Barbara.

Thomas Pleil ist Professor für Public Relations, insbesondere Online-PR, an der Hochschule Darmstadt und Sprecher des Forschungszentrum Digitale Kommunikation und Medien-Innovation. Er hat den Studiengang Onlinekommunikation (B.Sc.) aufgebaut und zahlreiche Projekte zum Wissenstransfer – vor allem im Mittelstand – durchgeführt. Vor seiner akademischen Tätigkeit war Pleil als Journalist, PR-Berater sowie in der Hochschulkommunikation tätig. Seine Themen sind v.a. Onlinekommunikation, digitale Transformation, Nachhaltigkeitskommunikation und lebenslanges Lernen.

Programm

9:15

Begrüßung Prof. Dr. Ulrich Bartosch

9:25 – 9:35

Für eine nachhaltige Zukunft müssen wir einen Fokus auf den Menschen legen. Das gilt insbesondere auch für die Menschen, die Angst vor der Zukunft und den Veränderungen haben, Menschen die sich heute abgehängt oder ausgeschlossen fühlen, Menschen die einsam sind. Wie können wir alle Menschen mit einbeziehen, und was ist dafür nötig? Ein Konzept wie das mitgestaltende Gesellschaftseinkommen schafft einen freiwilligen und ganzheitlichen Ansatz und stärkt den Einzelnen, die Gesellschaft und die Mitwelt. Ziel ist, dass jeder als aktives Mitglied der Gesellschaft vor Ort aktiv mitgestalten kann und damit Wertschätzung und Teilhabe erfährt und sich sicher fühlt – egal ob wirtschaftlich, ökologisch oder gesellschaftlich.

9:35 – 9:55

Wie kommen wir vom Wissen zum Handeln? Diese Frage stellt zum Beispiel das journalistische Projekt RiffReporter. Doch: Viele Elemente müssen ineinander greifen, damit wir die notwendigen Etappenziele auf dem Weg zu einer nachhaltigen und fairen (Welt-)Gesellschaft erreichen. Die zentrale These des Impulses: So viel Wissen auch verfügbar ist und so viel Fachkommunikation betrieben wird, die Rolle der öffentlichen Kommunikation in der Transformation steht bisher im Schatten der Aufmerksamkeit. Kleine Beispiele sollen dazu anregen, Diskurs und Wissen sichtbarer zu machen – vom studentischen Lehrprojekt bis zu transformativen Forschungsprojekten.

10:00 – 10:50

Panel A: Wirtschaft & Ethik und Digitaler Humanismus

10:55 – 11:05

Die französische Philosophin Corine Pelluchon gab in ihrer Dankesrede im Rahmen der diesjährigen Verleihung des Günther Anders-Preises für kritisches Denken folgende Lösung aus: „Réparer le monde, c`est préparer l`avenir.“ Die Welt zu reparieren bedeutet, die Zukunft vorzubereiten. Dies sei der Sinn und das Ziel einer zweiten Aufklärung. Doch welcher Bildung bedarf es hierfür? Tragen noch die Konzepte unseres Bildungssystems für eine solche Herausforderung? Und welcher Auftrag ergeht in diesem Kontext an die Hochschulen und Universitäten?

11:10 – 12:00

Panel B: Cluster Bildung & Werte und Politik & Raum

12:30 – 13:30

Öffentliche Keynote Professor Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker mit Diskussion

14:00 – 16:00

Thematischer Fokus des Vernetzungstreffens liegt auf Chancen und Herausforderungen der Digitalen Lehre. Ziel des Vernetzungstreffens ist zudem der Erfahrungsaustausch über den VDW-Aktionstag und die Planung weiterer Aktionstage. Teilnehmen können Studierende, die sich an den VDW-Seminaren beteiligt haben, sowie Studierende der anderen Aktionstagshochschulen: der HAW Hamburg, der Hochschule Emden/Leer, der Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt und der Hochschule Koblenz.

16:00 – 18:00

Im digitalen Ok-Boomer?-Cafe treffen sich Interessierte aller Altersgruppen, um über das Thema intergenerationale Gerechtigkeit zu diskutieren. Besonders eingeladen sind Hochschulgruppen sowie Schülerinnen und Schüler.

Themen der Nachhaltigkeit haben stets einen inhärenten Zukunftsbezug. Damit entstehen auch Fragen der intra- und intergenerationalen Gerechtigkeit. Zum einen gilt es, die heutigen Generationen dazu zu bringen, bei der Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Im Anschluss daran ließe sich an intergenerationale Zusammenarbeit denken. Das Schaffen und Wahren von Gerechtigkeit, Wohlstand und Frieden im Hinblick auf die Bedürfnisse der Folgegenerationen. In dieser Hinsicht müssen heutige Generationen so leben, sich mitunter zurücknehmen und Verzicht üben, damit es eine Gesellschaft von morgen auf dem Planet Erde ein gutes Leben führen kann.

Wie sich im Kontext des titelgebenden Begriffs erkennen lässt, sind bei dieser Herausforderung bereits Konflikte und verhärtete Grenzen entstanden, die es aufzulösen gilt. „Ok, Boomer“ steht für eine Antwort, die als Reaktion auf Aussagen der Baby Boomer Generation (geboren zwischen 1946 und 1964) folgt, die die Lebensweise und Meinungen von Millenials (auch Generation Y, geboren zwischen 1980 und Mitte der 1990er) und der Generation Z (1997 – 2012) infrage stellt und versucht, diese zu relativieren oder abzuwerten.

Wir möchten zu einem offenen und konstruktiven Diskurs zwischen Vertreter*innen der jungen Generation aufrufen, die sich mit den zentralen Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen und die Frage stellen, ob aus der „Ok-Boomer“-Kontroverse nicht auch Handlungsaufforderungen an alle Generationen abgeleitet werden können – im Hinblick auf Verantwortungsbereiche für ein glückliches und gelungenes Leben in der Gegenwart und Zukunft.

18:00 – 19:00

Die Bedeutung von Zeitskalen – Angst macht das direkt Bedrohende, die langfristigen Probleme verdrängt man bis es für Einiges zu spät ist

Momentan bedroht und ergreift uns alle wieder einmal eine Pandemie, die wohl wie viele vorher an der Zunahme der Weltbevölkerung wenig ändern wird. Sie hat aber wegen der Angst bei vielen von uns und den darauf reagierenden und teilweise überreagierenden Regierungen fast aller Länder die globale Wirtschaft in  eine bisher einmalige Rezession gestürzt. Das Bruttosozialprodukt eines Landes soll mit so viel gepumpten Geld wie noch nie in nur wenigen Jahren mindestens auf das alte Niveau gebracht werden, und kann uns dann weiter bedrohen. Denn im Anthropozän sind weit größere Bedrohungen als die durch das SARS-Corona-Virus 2 durch Weltinnenpolitik zu zähmen: Stopp der Überrüstung, Stopp des galoppierenden Verlustes an biologischer Vielfalt und Bremsung der globalen Klimaänderungen sowie Reduktion der Luftverschmutzung. Für die Erhaltung der biologischen Vielfalt  und die Stabilisierung der Konzentration der Treibhausgase in der Luft können bei koordiniertem Handeln in den noch verbleibenden wenigen Jahren und Jahrzehnten die Weichen für Jahrhunderte und viele  Jahrtausende gestellt werden.  Dennoch wird z.B. der Meeresspiegel auch bei erfolgreicher Klimaschutzpolitik in den nächsten Jahrhunderten um einige Meter steigen.         

Die versprochenen Billionen Euro sollten als einmalige Chance für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft zur Lösung der angesprochenen wirklich großen Probleme genützt werden, die dabei auch die Wahrscheinlichkeit für Pandemien herabsetzt.