Leitung: Dr. Thomas Bruhn (Forschungsgruppenleiter „Transformative Räume und Denkweisen“ am RIFS Potsdam)

VDW-Symposium „Von den Alpen bis zum Watt“ anlässlich des 85. Geburtstags von Hartmut Graßl | 25. September 2025

Einen Beitrag von Dr. Thomas Bruhn zu diesem Thema finden Sie auch bei Klimareporter°.

Konflikte als Lernräume: Was im Workshop zum Drama-Dreieck sichtbar wurde

Konflikte gehören zum Alltag jeder Zusammenarbeit – gerade im Nachhaltigkeitsbereich, wo unterschiedliche Werte, Rollen und Dringlichkeiten aufeinandertreffen. In meinem Workshop zum Drama-Dreieck ging es daher weniger um «richtige Lösungen», sondern darum zu verstehen, welche Rollenzuschreibungen Konflikte verhärten oder wie sie zu konstruktiven Begegnungen werden können.

Erfahrungen teilen: Vom persönlichen Erleben zur gemeinsamen Reflexion

Die Teilnehmenden erhielten viel Zeit für Kennenlernen und Austausch. In kleinen Gruppen erzählten sie von eigenen Erfahrungen und wie sie damit umgegangen sind. Schnell wurde deutlich, wie rasch wir in die Rollen des Drama-Dreiecks geraten – als Anklägerin, Verteidigerin oder Opfer, etwa wenn wir uns unter Druck fühlen oder Diskussionen auf der Sachebene verhärten. Durch Zuhören, Fragenstellen und gemeinsames Reflektieren entstanden vertrauensvolle Gespräche über den Zusammenhang zwischen sachlichen Konflikten und persönlichen Mustern. Viele merkten, dass die starre Zuschreibung von Konfliktrollen meist nur die Oberfläche zeigt. Die dahinterliegenden Bedürfnisse oder Unsicherheiten wurden dagegen im kollegialen Austausch sichtbarer. Es ging nicht darum, allgemeingültige Lösungen abzuleiten, sondern Muster zu erkennen und die eigene Situation aus neuen Perspektiven zu betrachten.

Das Drama-Dreieck als Werkzeug: Dynamiken erkennen und Rollen verlassen

Das Modell des Drama-Dreiecks diente als Orientierung. Es half, Dynamiken klarer zu erkennen und zu verstehen, wie gut gemeinte Interventionen Konflikte verschärfen können. Gleichzeitig zeigte sich, dass es möglich ist, sich bewusst aus Rollen herauszubewegen – hin zu mehr Klarheit, Verantwortung und Begegnung. Entscheidend war, «Einladungen» ins Drama nicht anzunehmen. Teilnehmende betonten zudem, wie wertvoll es sei, nicht abstrakt zu diskutieren, sondern sich auf reale Menschen in konkreten Kontexten zu beziehen. Gestreift wurde auch die Frage, welche Ängste in Konflikten auftreten können – etwa vor Eskalation, Kontrollverlust oder Identitätsverlust, besonders in hierarchischen oder ungleich verteilten Machtkonstellationen.

Beim Workshop „Transformation ohne Drama“  fanden wir am wichtigsten, dass man mit Konflikten besser umgehen kann, wenn man sich vor Augen führt, dass jeder jede Rolle in verschiedenen Situationen einnimmt.

 – Schüler des Camerloher-Gymnasiums Freising

Fazit: Konflikte als Ressource für Veränderung

Zum Abschluss reflektierte jede Person, welche Konsequenzen sie aus dem Austausch ziehen möchte. Viele beschrieben, wie wohltuend es war, zunächst als Menschen miteinander ins Gespräch zu kommen. Andere nahmen die Erkenntnis mit, stärker auf Verständigung statt Einigung zu setzen, den eigenen Kontrollwunsch zu lockern und Einladungen ins Drama zu erkennen.

Der Workshop hat für mich einmal mehr bestätigt: Konflikte werden dann fruchtbar, wenn wir sie nicht als Störung, sondern als Ressource behandeln. Wenn wir Beziehung vor Inhalt stellen, den Druck aus dem Konsens nehmen und Menschen zutrauen, eigenverantwortlich weiterzugehen. So entsteht eine Konfliktkultur, die Veränderungsprozesse unterstützt – gerade in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung.

Autor: Dr. Thomas Bruhn