Am 25. Januar 2023 ging die Veranstaltungsreihe „Jung und Alt bewegt: Klima, Umwelt, Gesellschaft – Impulse aus der Wissenschaft“ in eine neue Runde. Diesmal dabei war Prof. Ortwin Renn, Soziologe, Risikoforscher und ehem. Direktor des IASS Potsdam (jetzt: RIFS Potsdam). Er sprach zum Thema: „Risikovorsorge und -management in Krisenzeiten“. Auch Prof. Graßl war wieder digital mit dabei.
Die Einführung ins Thema Risiko übernahm wieder einmal die Geschäftsführerin der VDW, Dr. Maria Reinisch. In einem kleinen Risiko-Quiz eröffnete sie den Diskurs zu Risiko und Krisen. In diesem lernten wir einiges zum richtigen Risikoverhalten, Pannen in der Katastrophenwarnung und welche ungewöhnlichen Dinge während der Corona- Pandemie gehamstert wurden. Wussten Sie etwa, dass in der Türkei Kölnisch Wasser gehamstert wurde, um sich vor dem Virus zu schützen?
Zu Beginn seines Vortrags definierte Prof. Ortwin Renn zunächst, was Risiko überhaupt bedeutet: Es ist die „Möglichkeit, dass unerwünschte Folgen nach einer Handlung bzw. einem Ereignis auftreten“. Risiko ist demnach immer die Verknüpfung kausaler Zusammenhänge und ihrer Wahrscheinlichkeit aufzutreten. Risikoanalyen sollen diese Wahrscheinlichkeiten berechnen. Je höher die Anzahl an Auslösern und Risikofaktoren ist, umso unsicherer werden die Analysen und Einschätzungen. Besonders Polykrisen, bei denen sich verschiedenste Risiken koppeln und sich gegenseitig beeinflussen, stellen eine große Herausforderung für das Risikomanagement dar. Risiken werden nur durch eine begrenzte Anzahl an sogenannten „risk agents“ ausgelöst. Diese umfassen: physische Faktoren wie Energie, Stoffe und Biota wie z. B. Viren oder Bakterien. Außerdem können fehlerhafte Informationen, Machtausnutzung, Geld und Gewalt Auslöser für Krisen sein.
Laut Prof. Renn wird der Umgang und das Management von Krisen besonders schwierig, wenn sich Risiken über Grenzen hinweg ausbreiten – sowohl geographisch als auch sektoral und politisch. Denn Fragen und Probleme werden von A nach B geschoben und kein Verwaltungsorgan oder wissenschaftliche Disziplin möchte Verantwortung dafür übernehmen.
Weitere Herausforderungen in der Risikokommunikation entstehen durch fehlende Plausibilität und Orientierungslosigkeit. Das Problem ist: Wenn in einer Krise gehandelt werden muss, bevor die Auswirkungen zu sehen sind, ist die Handlungsbereitschaft gering. Dies gilt vor allem dann, wenn Misstrauen zwischen Eliten, Wissenschaft, Politiker:innen und der breiten Öffentlichkeit besteht. Dies kann man etwa bei der Klimakrise, anschaulich beobachten. Obwohl sie eine große Gefahr für unser heutiges Leben ist, sind die möglichen Auswirkungen nicht greifbar genug – eine Erwärmung um zwei Grad? „Das macht doch nichts“, – denken sicher viele Personen – eine massive Fehleinschätzung des potenziellen Risikos.
Prof. Renn schloss seinen Vortrag mit den Worten, es gäbe kein ultimatives Rezept zur Bewältigung von Krisen. Aber: Das wichtigste Instrument, das wir haben, ist Kommunikation – sie sollte disziplinenübergreifend innerhalb der Wissenschaft sein, Wissenschaft und Politik verbinden und besonders die Zivilgesellschaft und die Betroffenen in direkte Diskussionen einbeziehen.
Es folgte eine rege Diskussion mit allen Teilnehmenden mit Fragen zu Risikoverhalten unter Anbetracht eines Atomkrieges, zu inter- und transkulturellem Austausch und zu Risiken in einer digitalisierten Welt. Zwar konnte und Prof. Renn innerhalb des Workshop nicht die perfekte Handlungsanleitung für jede Krise geben, aber egal welche Risiken in Zukunft auf uns zukommen werden – Kommunikation wird uns das größte Hilfsmittel sein.