Die Stellungnahme finden Sie zum Download als PDF hier.

Vorbemerkung

Das Robert Koch-Institut (RKI), das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) und die Gesellschaft für Virologie (GfV) haben vor kurzem (März 2018) übereinstimmend fünf aktuelle Enzephalitisfälle von Patienten bestätigt, die durch Bornavirus infiziert worden waren. Vier Patienten sind daran gestorben. Auch das europäische European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) in Stockholm hat darüber berichtet:

Bisher ist nur in wenigen Medien kurz darüber berichtet worden, z.B. im Berliner „Tagesspiegel“ und in der „Ärztezeitung“.

Aus den Stellungnahmen ergibt sich, dass nunmehr offenbar sowohl die Gesellschaft für Virologie als auch das Robert-Koch-Institut und das Friedrich-Löffler-Institut die Möglichkeit der Übertragung des klassischen Borna-Virus auf Menschen übereinstimmend nicht länger in Abrede stellen, sondern ausdrücklich bestätigen.

Bis vor kurzem war dies anders.

Als VDW und IALANA den Whistleblower-Preis 2007 u.a. an die damals am Robert-Koch-Institut in Berlin beschäftigte Biologin Dr. Liv Bode vergeben haben, haben das RKI und nicht wenige aus der Community der Virologen dies heftig bestritten:

Robert Koch-Institut (RKI): Hintergrund zur Einstellung der Bornavirus-Forschung im Robert Koch-Institut. Stellungnahme vom 30.05.2007.

Die Whistleblower-Preisträgerin Dr. Liv Bode hatte auf der Grundlage ihrer langjährigen wissenschaftlichen Arbeiten in einer Bornavirus-Forschungsgruppe am RKI mit Beharrlichkeit und ausgeprägtem Verantwortungsbewusstsein versucht, den Verdacht der Kontamination von Blutplasma-Spenden mit infektiösen Bestandteilen von Bornavirus im Bereich der Infektionsforschung am Robert Koch- Institut einer Klärung näher zu bringen. Allein der Ausdauer und dem wissenschaftlichen Engagement von Liv Bode war und ist es zu verdanken, dass das öffentliche Interesse an dieser brisanten wissenschafts- und gesundheitspolitischen Frage geweckt wurde – und wach bleibt.

Die jüngsten Stellungnahmen des RKI und der GfV sind im Kern eine verspätete, aber wichtige Bestätigung des wissenschaftlichen Engagements unserer Whistleblower-Preisträgerin von 2007.

RKI und GfV versuchen jedoch, die nach Organtransplantationen aufgetretenen neuen Enzephalitis-Fälle nicht in den Zusammenhang der früheren Forschungsergebnisse der Forschergruppe um Frau Dr. Bode zu stellen. Sie möchten jetzt vielmehr die neuen Fälle als (die Fachwelt überraschende) erste gesicherte BDV-1 Erkrankungen verstanden wissen. Offenkundig geschieht dies deshalb, weil sowohl die RKI-Leitung als auch die GfV frühere eigene Fehleinschätzungen und Versäumnisse nicht einräumen wollen.

Dabei ist auch der Umgang mit den von der damaligen RKI-Leitung im Jahre 2002 beim DRK-Blutspendedienst Berlin für Forschungszwecke angeforderten Blutplasmaspenden in den Blick zu nehmen. Trotz der von der RKI-Forschergruppe zu einer dieser Proben („DRK 201 97 67“) erstellten Diagnose, dass es sich um „hochinfektiöses“ Material (mit einem hohen positiven Bornavirus-Antigengehalt sowie mit infektiösen Bestandteilen des Bornavirus-Erbmaterials) handele, wurde nicht einmal der DRK-Blutspendedienst in Kenntnis gesetzt. Auch die weiteren von der RKI-Forschergruppe um Dr. Liv Bode damals vorgeschlagenen Maßnahmen zur Risikoabklärung und –begrenzung wurden von der damaligen RKI-Leitung abgelehnt. Damit wurden leichtfertig Risiken für Patienten in Kauf genommen. Es wurden sogar mehrfach Versuche unternommen, die weitere Publikationstätigkeit im Bereich der Bornavirus-Forschung zu be- oder gar zu verhindern.

Die VDW hält es für notwendig, diesen Vorgang einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen und publiziert deshalb sowohl das Schreiben des VDW-Vorstandes vom 3. Juli 2007 an den damaligen Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (veröffentlicht im Dokumentationsbuch zur Verleihung des Whistleblower-Preises 2007, in: Deiseroth/Falter (Hrsg.), Whistleblower in Altenpflege und Infektionsforschung, Berliner Wissenschaftsverlag, 2008, S. 77 – 80) als auch die Links zu der jüngsten Stellungnahme der GfV und des Kurzberichts des RKI zu den FLI-Befunden, sowie die Replik von Frau Dr. Bode vom 17. April 2018.

Die VDW wird sich in Kürze in separaten Briefen an die Leitung des RKI und an den Vorstand der GfV mit der Bitte um eine Stellungnahme zu der Replik von Frau Dr. Bode wenden. Beide Briefe werden hier ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.