herausgegeben von Dieter Deiseroth und Hartmut Graßl

Seit 1999 verleiht die Vereinigung deutscher Wissenschaftler (VDW) zusammen mit der IALANA (International Association of Lawyers against Nuclear Arms) den Whistleblower-Preis. Bei den Preisträgern, zu denen in den vergangenen Jahren auch Edward Snowden und Chelsea Manning gehörten, handelt es sich um einzelne mutige Akteure, die schwerwiegende Missstände in ihrem Arbeitsumfeld aufgedeckt haben.

2015 ging der Preis an Brandon Bryant, der als ehemaliger US-Soldat publik machte, dass der völkerrechtswidrige Drohnenkrieg auch von deutschem Boden aus geführt wird, an Gilles-Eric Séralini, der trotz heftigen Gegenwinds seine Forschungsergebnisse zu den Gefahren des Herbizids Glyphosat publizierte, und – erstmals posthum – an den Physiker Léon Gruenbaum, der die NS-Vergangenheit führender deutscher Atomforscher öffentlich gemacht hatte.

Der soeben im Berliner Wissenschafts-Verlag erschienene Band Whistleblower-Enthüllungen, hrsg. von Dieter Deiseroth und Hartmut Graßl, enthält die Entscheidungsbegründungen der Jury, die Grußworte, Laudationes und Dankesreden der Preisverleihung in Karlsruhe sowie zahlreiche Dokumente zu den Preisträgern und ihren Enthüllungen.

Weiterführende Links

Kriterien für die Preisverleihung

Whistleblower-Preisträger seit 1999

Artikel zur Buchvorstellung auf netzpolitik.org

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Mikrobiologe Prof. Dr. Gilles-Eric Séralini

Prof. Gilles-Eric Séralini (Universität Caen) widmet sich in seiner Forschung der aktuell in der EU höchst umstrittenen Frage, ob der Einsatz des Herbizids Glyphosat („Roundup“) im Verbund mit gentechnisch veränderten Pflanzen gravierende Risiken begründen kann. Seine 2012 in einer angesehenen Fachzeitschrift publizierte Langzeitstudie, in der er auf mögliche toxische Gefahren für Leben und Gesundheit aufmerksam machte, löste heftige Attacken gegen ihn aus. Die Herausgeber der Zeitschrift widerriefen die Publikationszusage und entzogen die Studie damit dem weiteren wissenschaftlichen Diskurs. Prof. Séralini, unterstützt von vielen Fachkollegen, wehrte sich und ließ sich nicht „mundtot“ machen. Spätestens von diesem Zeitpunkt an wurde sein unbeirrtes Insistieren auf der Notwendigkeit eines offenen und fairen Diskurses über Glyphosat und gentechnisch veränderten Mais zum Whistleblowing.

Ex-Drohnenpilot Brandon Bryant

Die US-amerikanische Air Base in Ramstein (Rheinland-Pfalz) ist von zentraler Bedeutung für den von den US-Streitkräften geführten globalen Drohnenkrieg. Öffentlich aufgedeckt hat dies der frühere US-Drohnenpilot Brandon Bryant. Die US-Drohnenkriegsführung richtet sich nicht nur gegen kämpfende Aktivisten von Kriegsparteien, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung. Das verletzt humanitäres Völkerrecht. Die Zahl der unschuldigen zivilen Opfer ist zwischenzeitlich um ein Vielfaches höher als die der getöteten Kombattanten. Die deutsche Bundesregierung ist mitverantwortlich dafür, dass Deutschland durch die Ramstein Air Base in den globalen US-Drohnenkrieg einbezogen wird. Das ist mit dem Grundgesetz unvereinbar, das der Regierung verbietet, völkerrechtswidrige Handlungen oder Zustände auf oder über deutschem Hoheitsgebiet zu dulden oder gar zu unterstützen.

Physiker Dr. Léon Gruenbaum

Erstmals wurde 2015 auch ein Posthum-Whistleblower-Ehrenpreis verliehen – an den bereits 2004 verstorbenen Physiker Dr. Léon Gruenbaum. Er war von 1970 bis 1973 am Kernforschungszentrum (KfK) in Karlsruhe beschäftigt. In enger Kooperation mit Beate und Serge Klarsfeld hat er „braune NS-Flecken“ auf der „Weste“ des KfK publik gemacht. Außerdem trug er dazu bei, die Rolle des KfK bei der Entwicklung und dem Export von Atomwaffentechnologien zu enthüllen.