Mit dem Paris-Abkommen vom 12.12. 2015 hat die Menschheit ein neues – und wenn es  annähernd ernst genommen wird – das bisher größte Stück Weltinnenpolitik geschaffen. Damit hat die Rahmenkonvention der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) von 1992 endlich Biss bekommen. Das seit 6. November 2016 völkerrechtlich verbindliche  Abkommen fordert für die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts Treibhausgasneutralität jedes Landes. Das ist für alle Länder die Herausforderung schlechthin: Eine solche wieder nur von der direkten Sonne befeuerte Welt (also ohne die Nutzung der fossilen Brennstoffe für den Energiehunger) bedarf der Kreativität, intelligenter Lösungen und gesellschaftlicher Innovationen. Dieser Workshop wird von den DBU-Umweltpreisträgern in der VDW und zwei Stipendiaten der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gestaltet. Nebenbei bemerkt: Der kleine Verein VDW hat mit bisher sechs Umweltpreisträgern die höchste Umweltpreisträgerdichte aller Institutionen: Den Nobelpreisträger für Chemie Paul Crutzen (1994), den Physiker und Klimatologen Hartmut Graßl (1998),  den  Physiker und Erdsystemanalytiker Hans Joachim Schellnhuber (2007), den Physiker und Biologen und heutigen Jubilar Ernst Ulrich von Weizsäcker (2008), den Ökonomen und „Effizienzpabst“ Peter Hennicke (2014) sowie den Meteorologen und Ozeanographen Mojib Latif (2015). Um die Herausforderung, die berechtigterweise zum Paris-Abkommen geführt hat, zu charakterisieren, lassen sie mich zwei neuere Befunde der Klimaforschung nennen. Beide erhöhen die Dringlichkeit für eine globale Aktion noch einmal. Es sind: Der Jahrtausende anhaltende aber wesentlich niedriger ausfallende Meeresspiegelanstieg bei Einhaltung des Paris-Abkommens und die Fähigkeit einzelnen Extremereignissen, wie z.B. dem Sommer 2018 in Mittel- und Nordeuropa, den vom erhöhten Treibhauseffekt verursachten, also den anthropogenen Anteil zuzuordnen. Letzteres ist die Grundvoraussetzung für die Kompensation von Verlust und Schäden, wie sie auch im Paris-Abkommen gefordert wird.

Erster Wissenszuwachs: Im Sonderbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses über Klimaänderungen (IPCC) zur Erreichbarkeit des im Paris-Abkommens unter anderem geforderten 1,5°C-Ziel, vom 8. Oktober 2019, steht ein für mich besonders drastische aber auch in Teilen deprimierende Aussage (hier verkürzt): „Auch bei Einhaltung des 1,5°C-Zieles sind 28 bis 44 Prozent des Eises an Land  im Ungleichgewicht; sie werden weiter abschmelzen.“ Wie wir es aus der Klimageschichte der vergangenen etwa drei Millionen Jahre schon kennen: 1°C höhere oder tiefere Temperatur an der Erdoberfläche lässt den Meeresspiegel um etwa 20 Meter steigen oder fallen, wenn sie über Jahrtausende anhält.

Zweiter Wissenszuwachs: Weil die Klimamodelle das Klima der vergangenen Jahrzehnte und wenigen Jahrhunderte immer besser nachzeichnen können, ist für den Sommer 2018 Folgendes gefunden worden: Für Mitteleuropa kann der Nachweis eines anthropogenen Einflusses geführt werden. Die Klimaänderung durch den erhöhten Treibhauseffekt führt also auch bei uns schon jetzt zu Milliardenschäden in einem einzigen Jahr.

Wie sicher ist die Einhaltung des Paris-Abkommens?

Eine ziemlich sichere Vorhersage lautet:  Im Jahre 2050 werden sehr wahrscheinlich 9,5 Milliarden Menschen auf der Erde leben, wir brauchen also insgesamt mehr Nahrung, mehr Energie, mehr Ressourcen, und es wird auch bei Einhaltung des Paris-Abkommens wesentlich wärmer sein. Schaffen wir das überhaupt rein technisch mit den erneuerbaren Energien ist also eine berechtigte Frage?

Eine weitere, noch immer recht sichere Prognose ist: Viele Länder werden wohl im Jahre 2050 wie Deutschland aus der Kohleverbrennung ausgestiegen sein, etwas weniger aus der Erdölverbrennung und noch weniger aus der Erdgasnutzung; Kernenergie wird  bei heute unter 2% des Primärenergie-Einsatzes wahrscheinlich fast nichts beim Ausstieg aus den fossilen Energieträgern ersetzen können. Woher kommt dann die Energie für jeden von uns? Zuallererst von der Sonne, denn von ihrer an der Erdoberfläche angebotenen Leistungsdichte, es sind etwas über 160 Watt pro Quadratmeter im globalen Jahresmittel, brauchen wir weit weniger als ein Tausendstel der auf die Landflächen treffenden Sonnenenergie bei gegenwärtigem, gesamtem Leistungsbedarf von deutlich unter 0,05 W/m2 im globalen Mittel. Möchten wir den Leistungsbedarf durch Bremsung des Windes decken, dessen Leistungspotenzial bei dichter Belegung nur 1 W/m2 beträgt (also weniger als ein Hundertstel des Angebots der Sonne), dann würden wir schon an Grenzen stoßen, weil wir bei ausschließlicher Nutzung der Windenergie schon globale Klimaänderungen verursachten. Den Leistungsbedarf aus Biomasse zu decken (0,3 W/m2 vom gedüngten Maisacker oder vom Zuckerrohr 0,5 W/m2) oder mit dem Wärmestrom aus dem Erdinneren (in den meisten Ländern nur etwa 0,1 W/m2) lässt uns noch früher an Grenzen stoßen. Dazu fehlt bei Ersterem nicht nur die Fläche sondern auch die biologische Vielfalt wird noch stärker als sowieso schon reduziert, und bei letzterem ist die Technik noch nicht ausgereift und die Stromerzeugungseffizienz abseits von durch Vulkanen geprägten Regionen prinzipiell sehr niedrig. Kernfusion kommt – wenn überhaupt – sehr wahrscheinlich zu spät.

Kurz: Wir müssen nach wenigen Jahrhunderten mit fossilen Brennstoffen innerhalb von nur noch wenigen Jahrzehnten wieder zu einer Solargesellschaft werden!

Haben wir es 2050 fast erreicht, dann hat zwar fast jedes Land die Energie zu großen Teilen vom eigenen Territorium, es gibt also eine Friedensdividende weil es um den Zugang zu Erdöl keine Kriege mehr gibt. Aber das nicht Nachhaltige lauert um die Ecke. Die Metalle, wir brauchen fast alle im Periodensystem für die Solargesellschaft, sind nicht erneuerbar und sehr ungleich auf dem Globus verteilt. Das ist eine weitere große Herausforderung. Die VDW, ASPO und IASS wollen am 22. Oktober 2019 dazu in Potsdam alle Interessierten zusammenrufen und erste Lösungen diskutieren: Mehr Informationen.

Hier ist aber jetzt die Debatte zu Energie, Mobilität und Energieeffizienz eröffnet.

Hartmut Graßl

Die Referierenden

Prof. Dr. Hartmut Graßl
eh. Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie, Vizepräsident des Stiftungsrates des Nansen International Environment and Remote Sensing Centre in St. Petersburg, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung, Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, Vorsitzender des Klimarates der bayerischen Staatsregierung, Mitglied und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats „Globale Umweltveränderungen“ der Deutschen Bundesregierung (1992-1994, 2001-2004)

Prof. Dr. Peter Hennicke
eh. Präsident des Wuppertal Institut für Klima, Energie, Umwelt (2000-2008), eh. Mitglied von drei Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages zum Thema Klima und Energie; Preisträger Umweltpreis der Bundesstiftung Umwelt sowie des schwedischen Umweltpreises (Gothenburg Sustainability Award); langjähriges Mitglied des Management Board der European Environment Agency (Copenhagen); Full Member of the Club of Rome; Senior Researcher am Wuppertal Institut für Klima, Energie, Umwelt

Prof. Dr. Mojib Latif
Präsident der Deutsche Gesellschaft Club of Rome, Professor an der Universität Kiel und Leiter der Klimamodellierung am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Klima-Konsortiums e.V., zahlreiche internationale Ehrungen und Auszeichnungen u.a. Sverdrup Gold Medal der Amerikanischen Meteorologischen Gesellschaft (2000), Max-Planck-Preis für öffentliche Wissenschaft (2000), Deutscher Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (2015), B.A.U.M.-Umweltpreis (2018), NatureLife-Umweltpreis (2019), Alfred-Wegener-Medaille der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft (2019)

Die Vision:
„Bessere Technik allein reicht nicht. Vorreiter und Bürgergruppen sind die Garanten der erfolgreichen Energiewende.“

Klimaworkshop VDW Symposium Wir sind dran 2019
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Alfred Ritter