Preisverleihung am 01. Dezember 2017 in Kassel | Preisträger: Martin Porwoll & Maria-Elisabeth Klein sowie Can Dündar

Die IALANA Deutschland – Vereinigung für Friedensrecht und die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler e.V. (VDW) haben zusammen den Whistleblower-Preis gestiftet. Der Preis wird vergeben an Persönlichkeiten, die – häufig unter Inkaufnahme beträchtlicher Risiken für Arbeitsplatz und Karriere – Missstände aufdecken und nach außen bekannt machen, welche ihnen in ihrer dienstlichen oder amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind. Der Whistleblower-Preis soll eine Form des Zuspruchs, der Anerkennung, der Ermutigung und der Solidarität zum Ausdruck bringen, die Bürgerinnen und Bürger mit großer Zivilcourage brauchen, wenn sie die zahlreichen Belastungen und Schwierigkeiten im privaten und beruflichen Umfeld sowie die Anfeindungen und Zumutungen im öffentlichen Raum nicht nur auf sich nehmen, sondern auch aushalten und ohne dauerhafte Beschädigung durchstehen wollen.

Videoaufzeichnung der Preisverleihung

Begrüßung durch RA Otto Jäckel (Video auf YouTube öffnen)

Laudatio und Dankesrede Martin Porwoll und Maria-Elisabeth Klein (Video auf YouTube öffnen)

Laudatio und Dankesrede Dr. Can Dündar (Video auf Youtube öffnen)

Presse und Medien

INTERVIEW mit Can Dündar [20.11.2017] (Video auf YouTube öffnen)

Whistleblowing is a dangerous work. To get this award is a kind of protection for us [Whistleblowers]. Please support us, be with us during the award ceremony and show your solidarity!

Der Whistleblower Preis 2017

Die Verleihung des diesjährigen Whistleblower-Preises ist in einer öffentlichen Veranstaltung am Freitag, den 01. Dezember 2017, im Großen Saal des Anthroposophischen Zentrums in Kassel erfolgt. Zum zehnten Mal wurde der Preis vergeben, dieses Jahr ging er an:

Dipl.-Volkswirt Martin Porwoll (Bottrop) und an die Pharm.-Techn. Assistentin Maria-Elisabeth Klein (Bottrop)

für ihre im Herbst 2016 erfolgten Verdachts-Enthüllungen über die in der „Alten Apotheke“ in Bottrop (NRW) offenbar jahrelang praktizierte illegale Panscherei mit Anti-Krebsmitteln (Zytostatika) und über die dadurch bewirkte Schädigung mehrerer Tausend schwer- und todkranker KrebspatientInnen in fünf oder sechs Bundesländern

sowie an

Dr. Can Dündar (seinerzeit Chefredakteur der türkischen Zeitung „Cumhüriyet“, z.Zt. im Exil in Berlin)

für seine Ende Mai 2015 und danach unter schwierigsten Repressionsbedingungen in der Türkei erfolgten Enthüllungen über ein illegales sog. Staatsgeheimnis des autoritären Erdogan-Regimes; Gegenstand war die Anfang 2014 unter Verstoß gegen geltendes Völkerrecht unternommene Lieferung von Waffen und militärischer Ausrüstung nach Syrien an terroristische Dschihadisten durch den Geheimdienst MIT des NATO-Mitgliedsstaates Türkei.

Die Preisverleihung wird von der VDW zusammen mit folgendem Partner veranstaltet:

IALANA Logo

Die Preisträger

Maria-Elisabeth Klein & Martin Porwoll

Perwoll Klein Whistleblower Preis 2017
Bildnachweis: Anna Mayr / Journalisten-Netzwerk „correctiv

Can Dündar

Can Dündar Whistleblower Preis 2017 Portrait

Ausführliche Begründungen

Hier gelangen Sie zu den ausführlichen Begründungen der Whistleblower-Preis-Jury für

Veranstaltungsflyer

Flyer Einladung zur Preisverleihung des Whistleblower Preieses 2017

Weitere Informationen

Veranstaltungsbericht

Gut 350 Zuschauer nahmen am Freitag den 1. Dezember 2017 im Großen Saal des Anthroposophischen Zentrums Platz, um an der Verleihung des Whistleblower-Preises 2017 teilzunehmen. Der festliche Abend wurde vom Künstlerkollektiv „Quijote“ aus Chemnitz eröffnet, die den gesamten Abend musikalisch begleiteten.  Anschließend hielt der Vorsitzende der IALANA Deutschland, RA Otto Jäckel, eine Begrüßungsansprache, in welcher er von der mythischen Figur des Tantalos über die Whistleblower Preisträger Alexander Nikitin (1999), Edward Snowden (2013) und Brandon Bryant (2015) bis hin zu den diesjährigen Whistleblowern eine Brücke schlug. Sie alle verbinde, dass sie ihrem Gewissen gefolgt seien und so schwerste Missstände und kriminelle Handlungen von großer gesellschaftlicher Bedeutung aufgedeckt haben, so Jäckel – und das alles unter Inkaufnahme persönlicher und beruflicher Risiken. Statt des Verlustes Ihres Arbeitsplatzes oder gar schlimmeren Repressions-Maßnahmen gebühre Ihnen gesellschaftliche Anerkennung und öffentliche Ehrung.

Auch die Bürgermeisterin Kassels Ilona Friedrich sprach ein Begrüßungswort und gratulierte den Preisträgern „zur Auszeichnung des Tages, vor allem aber zu dem dieser Auszeichnung zugrundliegenden Mut und Ihrer Entschlossenheit, das Richtige zu tun, auch wenn das Konsequenzen haben wird“. Sie betonte, dass Gewissenhaftigkeit und Transparenz persönlich und beruflich das Handeln jedes Einzelnen bestimmen müssen.

Nach einem weiteren Musikbeitrag bat Prof. Dr. Hartmut Graßl, Vorsitzender der VDW und Moderator des Abends, David Schraven auf die Bühne. Schraven, der das Journalisten-Netzwerk „correctiv“ als inhaltlicher Geschäftsführer leitet, hielt eine Laudatio auf die Preisträger Martin Porwoll und Maria-Elisabeth Klein, die die Krebsmittel-Panscherei in der „Alten Apotheke“ in Bottrop aufgedeckt hatten. Schraven zeichnete die entscheidenden Schritte nach, die ein Whistleblower gehen müsse: 1. Zu bemerken, dass etwas nicht stimmt, 2. Den Missstand der Polizei zu melden und 3. Auch nach dem ersten „Whistleblowing“ weiter dafür zu kämpfen, dass sich etwas ändert, zum Beispiel indem man an die Öffentlichkeit trete. Schraven, der selbst aus Bottrop stammt, lobte den Mut und das Durchhaltevermögen der beiden Whistleblower, die er durch seine Recherche-Tätigkeit bereits einige Zeit begleitet hatte.

Preisträger Martin Porwoll und Maria-Elisabeth Klein zeigten sich sichtlich gerührt von Schravens Worten und der breiten Zusprechung durch die Preisverleihung. Porwoll äußerte die Hoffnung, dass ihr Whistleblowing und die öffentliche Resonanz nun nachhaltige Veränderungen in der Apothekenaufsicht nach sich ziehen könnten; Apotheken müssten endlich unangekündigt kontrolliert werden.

Für den Preisträger Dr. Can Dündar hielt der Publizist Dr. Michael Lüders eine Laudatio. Weil Dündar als Chefredakteur der oppositionellen Zeitung „Cumhuriyet“ Enthüllungen über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an terroristische Gruppen in Syrien im Januar 2014 publiziert hatte, wurde er dort der Spionage angeklagt. Es ist ungewiss, wann oder ob er wieder in die Türkei zurückkehren kann. Lüders betonte, Dündar sei „in das Mahlwerk der Weltpolitik geraten“ und lobte den Preisträger für seine unbestechliche journalistische Arbeit und sein hartnäckiges Engagement für eine demokratischere Türkei selbst aus dem Berliner Exil heraus.

In seinen Dankesworten erinnerte Dündar an die vielen Journalisten, die in der Türkei zur Zeit in Gefängnissen säßen oder schlicht verschwunden seien – nicht wenige von ihnen Redakteure der „Cumhuriyet“. Er dankte für die große Solidarität, die sich auch in der Verleihung des Preises ausdrücke und versprach, im Kampf für Demokratie und Pressefreiheit nie Kompromisse einzugehen.

Schließlich verliehen die Vorsitzenden der IALANA RA Otto Jäckel und der VDW Prof. Dr. Hartmt Graßl den Whistleblower-Preis 2017 an die Preisträger Martin Porwoll, Maria-Elisabeth Klein und Dr. Can Dündar. Der Preis ist mit 3.000€ dotiert, durch private Zuwendungen konnte das Preisgeld auf insgesamt 11.000€ erhöht werden.

Im Anschluss an die Preisverleihung hatten die Teilnehmenden bei einem Empfang die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen und den Abend festlich ausklingen zu lassen.

Um 20.30 begann das Konzert des Künstlerkollektivs „Quijote – Musik gegen Windmühlen“ mit ihrem Programm von antifaschistischen Liedern „Ein Licht am Rand der Seele“. Das Konzert, zu dem alle Teilnehmer herzlich eingeladen waren, wurde gemeinsam mit dem „Internationalen Kasseler Friedensratschlag“ am Vorabend des „24. Friedenspolitischen Ratschlages 2017“ veranstaltet.

Die Jury

Die Mitglieder der Gemeinsamen Jury von VDW und IALANA sind:

Rechtsanwalt Gerhard Baisch (Bremen)
Dr. Dieter Deiseroth, Richter am BVerwG a.D. (Sprecher der Jury)
Prof. Dr. Hartmut Graßl, ehemals Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie (Hamburg)
Dr. Angelika Hilbeck, Agrarökologin an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich
Juliane Drechsel-Grau, Studentin der Rechtswissenschaft an der Humboldt-Uni Berlin

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